Die Welt wird nach San Francisco blicken. Es geht wieder einmal um sehr viel beim APEC-Gipfel von 14. bis 17. November.
Die Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft ist ein Konvolut aus Macht und Finanzkraft. Schlussendlich umfasst die Organisation nicht nur die Giganten aus China und aus den USA, sondern auch Wirtschaftsmächte wie Kanada, Japan, Australien oder Russland, das dem (längst bröckelnden) westlichen Bann zum Trotz Vize-Regierungschef Alexej Owertschuk nach San Francisco entsenden wird.
In den 21 APEC-Staaten lebt fast die Hälfte der Weltbevölkerung und mehr als 60 % der globalen Wirtschaftsleistung spielen sich dort ab.
Abseits nackter Zahlen und Fakten geht es aber noch um viel mehr. Chinas Staatschef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden werden zu einem mit großer Spannung erwarteten bilateralen Gespräch zusammenkommen. Zuletzt gab es nicht nur aus China, wo man ohnedies immer um Konsens und globale Kooperation bemüht ist, sondern auch aus dem Oval Office in Washington erfreuliche Signale der Annäherung.
Bei allen Gegensätzlichkeiten, was die grundsätzliche Ausrichtung in wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Fragen betrifft, hat man auch in den USA zur Kenntnis genommen - Außenminister Anthony Blinken scheint da innerhalb der US-Regierung als jener Mann zu stehen, bei dem ebendieser Lern- und Reifungsprozess am weitesten fortgeschritten ist - dass ein ultimativer Crash mit China keinen Platz lässt für Sieger.
Die Hoffnung, dass es zu einer weiteren Annäherung zwischen den beiden größten Weltmächten kommt, ist daher durchaus berechtigt.
Die Europäische Union sitzt bei diesem Treffen zwischen Xi Jinping und Joe Biden nicht am Tisch. Und ist dennoch in gewisser Weise mit dabei.
Die EU-Außenpolitik der letzten Jahre wurde bei immer mehr Menschen auf dem Kontinent in der Weise wahrgenommen, dass Ursula von der Leyen und die Ihren als verlängerter Arm Washingtons dienen. Brutaler ausgedrückt als Befehlsempfänger, was den Unmut der EU-Bürger über die EU-Granden nahezu täglich wachsen ließ.
Diese Abhängigkeit der Europäischen Union und vieler ihrer Mitgliedsländer von der Gunst Amerikas könnte rasch zum Bumerang werden. Denn eines ist klar: Die USA mögen Politikerinnen wie Ursula von der Leyen oder Annalena Baerbock geschickt umgarnen, aber geht es - wie so schön heißt - um das „Eingemachte“, lässt die USA niemand zu nahe an sich heran.
Bei großen, zukunftsweisenden Themen wie Mikrochips, künstlicher Intelligenz, Biotechnologien oder gar Weltraumforschung hört sich der Spaß schnell auf. Dann steht die EU alleine da.
Europäische Politiker wie Ungarns Präsident Viktor Orban, Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic oder auch Vertreter aufstrebender rechter Parteien wie Alice Weidel (Deutschland / AfD) oder Herbert Kickl (Österreich / FPÖ) wollen kein De-Risking, kein De-Coupling und auch keinen Sinnlos-Konflikt mit China.
Der Druck auf die EU-Granden, mit China endlich eine auf Zukunft gepolte Form der Kooperation zu suchen und zu finden, wird im Fall einer weiteren Annäherung zwischen China und den USA daher immer größer werden.
Beim (für Dezember 2023 geplanten) China/EU-Gipfel werden die europäischen Chefverhandler Ursula von der Leyen und ihr Stellvertreter Josep Borrell liefern müssen. Sie werden daher mit Spannung verfolgen, was der Gipfel zwischen Xi Jinping und Joe Biden in San Francisco bringen wird.
Die EU hat sich ins Out manövriert. Da wieder heraus zu finden, wird eine Mammutaufgabe.
MARTIN SÖRÖS, FREIER JOURNALIST AUS ÖSTERREICH