Der Sport ist - darauf haben sich schon vor rund 100 Jahren Philosophen und Vordenker verständigt - die wichtigste Nebensache der Welt. Mit dem Wissensstand von heute neigt man freilich eher dazu, die Wichtigkeit, denn die Nebensächlichkeit zu betonen.
Immer wieder wurde der Sport in den letzten Jahrzehnten als gesellschaftspolitisches Tool, als Weg zur Versöhnung, zum besseren Verständnis zwischen Ländern, Menschen und Kulturen genutzt.
So soll und so wird es auch sein, wenn sich von 23. September bis 8. Oktober Tausende Sportler und Sportlerinnen, Funktionäre, Journalisten, Politiker und Wirtschaftsvertreter bei den Asien-Spielen in Hangzhou treffen werden.
Dafür steht schon die Stadt, in der die Spiele über die Bühne gehen werden.
Hangzhou gilt als eine der Wiegen der chinesischen Zivilisation, die Liangzhu-Kultur lässt sich bis vor 4700 Jahren nachweisen. Und der legendäre China-Reisende Marco Polo soll die Stadt Hangzhou als „schönste und großartigste Stadt der Welt“ bezeichnet haben.
Und in Wahrheit ist es auch gar nicht von so immenser Bedeutung, ob Marco Polo mit seiner Zuneigung zur „großartigsten Stadt der Welt“ übertrieben haben mag. Vielmehr geht es um eine weitere große Chance, in global angespannten Zeiten, in denen Menschen verstreut über die ganze Welt nach Ablenkung, nach Lebensfreuden, nach mehr WIR und weniger ICH dürsten, Zeichen zu setzen.
Hangzhou will und wird diese Zeichen setzen. In einer Stadt, deren Partnerstädte in Japan, in den USA, in England, Deutschland, Korea und Frankreich liegen, in einer Stadt, deren Organisationskomitee die Event-Mottos „Heart to Heart“ und „Future“ hochhalten und leben will und in einer Stadt, in der man den offiziellen Song „The Love we share“ produzieren ließ, ist ein Fest der Freude und des Miteinander zu erwarten.
Die Fackel, als Symbol der Weiterführung von Geschichte und Weisheit bekommt in Hangzhou wieder eine vertiefende Bedeutung.
Und die Spiele von Hangzhou können auch als Zeichen dafür gesehen werden, dass es sehr wohl möglich ist, in einem starken Schulterschluss und Miteinander sogar übermächtig scheinende Gegner zu besiegen, ohne mit Gold, Silber und Bronze belohnt zu werden. An dieser Stelle sei nämlich auch daran erinnert, dass die Asien-Spiele in Hangzhou eigentlich bereits 2022 über die Bühne gehen hätten sollen.
Dank Umsicht und Vorsicht im gemeinsamen Kampf und letztendlichen Sieg über das Corona-Virus hat man sich darauf verständigt, die Wettkämpfe um ein Jahr zu verschieben.
Eine weise und glückliche Entscheidung, mit der man - anstatt 2022 Wettkämpfe mit strengsten Auflagen, Masken, Quarantäne und Angst mit Gewalt durchzupeitschen - den Weg frei gemacht hat zu einem Fest der Freude des Aufbruchs und des Miteinanders.
Marco Polo hätte damit bestimmt auch seine Freude . . .
MARTIN SÖRÖS, FREIER JOURNALIST AUS ÖSTERREICH