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Die Welt blickt nach Johannesburg

22.08.2023 10:27:15

Irgendwie schien alles ganz klar strukturiert nach 1945. Der zweite Weltkrieg war vorbei und die USA hatten sich vergleichsweise rasch die Position als Mittelpunkt und Machtzentrum der Welt gesichert. Man war Wirtschaftsmacht Nummer 1, Militärmacht Nummer 1. Dazu blieb der US-Dollar als globale Leitwährung über Jahrzehnte unumstritten und auch die Rolle der USA als „Bewacher“ und „Sheriff“ der freien Welt wurde kaum hinterfragt.

Die Jahre des Wiederaufbaus und die Phase, in der die meisten Länder der Welt mit sich selbst beschäftigt waren, gingen dahin und die Zeit stand nicht still.

Entwicklungsländer wurden zu Schwellenländern, Schwellenländer wurden zu globalen Wirtschaftsmächten und simultan begannen immer mehr Nationen, Menschen und Institutionen darüber nachzudenken, ob all die Kriege, die - auf Drängen der US-Marketing-Maschine - nicht als Kriege, sondern als Friedensmissionen getarnt waren, auch tatsächlich im Sinne der Menschheit stattfanden angesichts von Millionen Toten, Verwüstungen und Billionen-Schäden.

Und 2023?

Hier und jetzt sieht die Weltordnung ganz anders aus.

Die USA leben heute ihr Motto „America first“ mit an Rücksichtslosigkeit grenzender Konsequenz aus, die EU-Granden reduzieren sich - und das in immer mehr Mitgliedsländern gegen den Willen der eigenen Bevölkerung - zu Erfüllungsgehilfen und Junior-Partnern Washingtons. Da wie dort haben auch Fehlentscheidungen, Arroganz und Selbstüberschätzung dazu geführt, dass sich in Form des BRICS-Staatenbundes eine neue globale Weltmacht auf den Weg machen konnte, Alternativen anzubieten.

Beim BRICS-Gipfel vom 22. bis 24. August im Sandton Convention Centre Johannesburg sitzen längst nicht mehr „nur“ Brasilien, Russland, Indien, China und Gastgeber Südafrika am Tisch, sondern damit jene Staaten, die inzwischen 40 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.

Erst vor etwas mehr als 14 Jahren hat die Vereinigung der BRICS das Licht der Welt erblickt, heute stellt man gemeinsam den Motor für die Weltwirtschaft dar.

Chinas Staatschef Xi Jinping ist nie müde geworden, in seinen Reden und Grundsatzpapieren die Grundsätze der globalen Sicherheitsinitiative, der globalen Entwicklungsinitiative und der globalen Zivilisationsinitiative zu betonen.

Vergleichbares aus den USA war kaum zu vernehmen. Abgesehen davon, dass man dort weniger auf grenzüberschreitende Themen fokussiert ist, als auf die Angst vor den Wahlen 2024, wo sich die Menschen zu entscheiden haben werden zwischen einem mehrfach angeklagten Ex-Präsidenten und einem gesundheitlich höchst angeschlagenen amtierenden Präsidenten, dessen Amtsfähigkeit in Frage gestellt ist.

Also überrascht es kaum, dass immer mehr Staaten beschlossen haben, sich dem BRICS-Staatenbund anzuschließen. 40 Länder liebäugeln heute mit einem Beitritt, 22 haben bereits formal einen Antrag auf Aufnahme gestellt.

Der Grund ist einfach: Die Menschen wollen die Politik der Spaltung, der Konfrontation und des Gegeneinanders nicht mehr. Die Zukunft kann und wird daher in der Hand jener liegen, die sich demnächst in Johannesburg an einen Tisch setzen werden, um gemeinsam an einer besseren Zukunft für uns alle zu arbeiten.

Leicht möglich, dass dort auch das immer stärker präsente Thema der Ent-Dollarisierung schneller als erwartet voranschreitet. Immer mehr Nationen wenden sich vom US-Dollar ab und wollen ihre Handelsgeschäfte in RMB oder anderen Währungen abwickeln. Die Zeit ist reif für neue Weltwährungen. Und für ein Leben in einer neuen Weltordnung.

MARTIN SÖRÖS, freier Journalist, Österreich

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