Als Beobachter im Westen schaut man schon ein wenig mit Bewunderung auf andere Teile der Welt. Während die Tagungen der G 7 von Themen wie Sanktionen oder Waffenlieferungen in ein Krisengebiet beherrscht werden, sind die Tagungen etwa der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), BRICS oder auch jüngst der China-Zentralasien-Gipfel von Themen wie Kooperation und gemeinschaftlicher Entwicklung geprägt. Wenn nunmehr der chinesische Sonderbeauftragte für eurasische Angelegenheiten, Li Hui, kürzlich die Ukraine, Polen, Frankreich, Deutschland und Russland besucht hat, so demonstriert dies das ernsthafte Bemühen Chinas um Frieden und Ausgleich in der Welt. Dass solche Bemühungen namentlich von Seiten der USA aus abgewertet werden, so verwundert dies nicht, da mir nicht erkennbar ist, dass die USA sich in dem aktuellen Russland-Ukraine-Konflikt je ernsthaft um Eindämmung und Verhandlungen bemüht hätten.

In dem Interview mit einem deutschen Fernsehsender sprach vor nicht allzu langer Zeit ein deutscher Experte für Familienunternehmen über deren Erfolgsrezept. Er führte aus: „Es gibt einen ganz wichtigen Satz für Familienunternehmen, die langfristig bestehen wollen. Dieser Satz findet sich im Büro des Miele-Gründers Carl Miele und lautet: Friede ernährt, Unfriede verzehrt. Streit gilt als einer der größten Werte-Vernichter im Familienunternehmen; er vernichtet ökonomisches und menschliches Kapital gleichermaßen. Wer genug Demut und Disziplin aufbringt, um auch in Konfliktsituationen wieder zueinander zu finden, hat eine gemeinsame Zukunft.“ Eine sehr plausible Botschaft. Und: Ich sehe überhaupt keinen Grund, weshalb für die menschliche Gemeinschaft auf dieser Welt etwas anderes gelten sollte.

Auf derselben Linie in der Politik lag der ehemalige deutsche sozialdemokratische Bundeskanzler Helmut Schmidt – in dem Nachruf eines Nachrichtenmagazins als „der letzte deutsche Staatsmann“ bezeichnet. Er hat einmal gesagt: „Besser 100 Stunden umsonst verhandeln, als eine Minute schießen.“ Ich nehme sehr an, die Besuche des Sonderbeauftragten Li Hui hätten den Beifall Helmut Schmidts gefunden.

Dr. jur. Michael Borchmann

Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), früherer Abteilungsleiter (Director General) Internationale Angelegenheiten

Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen a.D.

Senior Adviser der CIIPA des Handelsministeriums der VR China