„12 Jahre nach Atomkatastrophe - Japan will radioaktives Wasser ins Meer leiten“ – so hieß es vor einigen Wochen in einer deutschen Regionalzeitung. Und Greenpeace fand kürzlich noch deutlichere Worte für den japanischen Plan, seine nuklear verseuchten Fukushima-Abwässer ins Meer und damit in die Weltmeere zu leiten: Japan ignoriere die Wissenschaft und den Umweltschutz und breche verantwortungslos internationales Recht.
Erinnern wir uns an die Vorgeschichte: Am 11. März 2011 traf eine 15 Meter hohe Tsunami-Welle die Nordküste Japans. Ein Erdbeben der Stärke 9 wurde registriert. Die Folge war verheerend. 18.500 Menschen starben und das Atomkraftwerk Fukushima wurde getroffen – eine nukleare Katastrophe. Bis heute sind viele von den 165.000 Evakuierten nicht in ihre Häuser zurückgekehrt. Und bereits diese Vorgeschichte belegt beängstigend einen verantwortungslosen Umgang Japans mit der Nuklearenergie. Selbst eine innerjapanische Untersuchungskommission stellte nach der Katastrophe fest, dass die Betreiber Tepco bereits 2008 von Modellrechnungen Kenntnis hatten, die besagten, dass ein Tsunami mit einer Höhe von 15 m und mehr das Kernkraftwerk treffen könnte. Die Tepco habe es jedoch unterlassen, zweckmäßige Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Auch die Aufsichtsbehörde habe nicht gehandelt. Auf den Punkt gebracht: Japan stellte das Kernkraftwerk in ein hochgradig erdbebengefährdetes Gebiet, gewissermaßen sehenden Auges, dass es eines Tages zur Katastrophe kommen müsse.
Wenn man nunmehr die riesigen Mengen nuklear verseuchter Abwässer in das Meer leiten möchte, kann man dies nur als rücksichtslos bezeichnen. Immerhin wurde jüngst auf einem Treffen der G7 Klima-, Energie- und Umweltminister eine von Japan erhoffte Formulierung, dass die Minister „das Ablassen kontaminierten Wassers begrüßen“, nicht in die Erklärung aufgenommen. Eine solche Erklärung hätte der Ministerrunde, die in anderen Bereichen der Meeresverschmutzung einen rigiden Kampf angesagt hat, jegliche Glaubwürdigkeit genommen. Nein, die Gefahren einer solchen Einleitung lassen sich bisher nicht einmal ansatzweise abschätzen. Und diese Risiken sind nicht einmal auf die Nachbarstaaten Japans beschränkt. Das Vorhaben betrifft vielmehr über die Pazifik-Anrainer hinaus die globale Meeresumwelt und damit die gesamte menschliche Gemeinschaft. Und die Weltgemeinschaft ist dazu aufgerufen, zu verhindern, dass Japan nach 2011 erneut großes Unheil anrichtet, dieses Mal mit nicht nur in regionalem, sondern globalem Ausmaß.
Dr. jur. Michael Borchmann
Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), früherer Abteilungsleiter (Director General) Internationale Angelegenheiten
Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen a.D.
Senior Adviser der CIIPA des Handelsministeriums der VR China