Der gerade abgeschlossene G20-Gipfel war ein schwieriger Gipfel, sehr überschattet durch den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, der in Anlehnung der Beschlusslage der Vereinten Nationen auch seinen Niederschlag in der Schlusserklärung gefunden hat. Die Warnung des indonesischen Sitzungspräsidenten Joko Widodo vor dem Gipfeltreffen behält auch nach dessen Beendigung unvermindert Gültigkeit: „Wir dürfen nicht zulassen, dass wir in einen neuen Kalten Krieg geraten.” Ebenso sein dringender Appell an die Teilnehmer: „Wir sollten die Welt nicht in zwei Teile trennen.” Und dies trifft sich eng mit den Ausführungen von Chinas Präsident Xi Jinping, wonach mit Blick auf die globalen Herausforderungen die umfassende Arbeit für Frieden, Entwicklung und einer Win-Win-Zusammenarbeit gefragt seien, also die Arbeit an einer Menschheit mit gemeinsamer Zukunft.
Und ebenso trifft sich dies mit dem Programm des an den G20-Gipfel nahtlos anschließenden APEC-Gipfels in Bangkok, den der thailändische Vorsitz unter das Thema Öffnung, Konnektivität und Balance gesetzt hat. Halten wir uns mit Blick auf die Bedeutung des Treffens vor Augen: In den 21 Mitgliedern der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) lebt knapp die Hälfte der Weltbevölkerung. Der Wirtschaftsraum erbringt mehr als die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung und ist eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsregionen der Welt. Ihr Ziel liegt u.a. darin, im pazifischen Raum eine Freihandelszone einzurichten und so durch den Abbau von Tarifen und anderen Handelsbarrieren das Wirtschaftswachstum beiderseits des Pazifiks zu stärken. Und heute und aktuell werden die Vertreter der Mitglieder darüber diskutieren, den fortdauernden globalen wirtschaftlichen Herausforderungen zu begegnen, mit dem Blick auf eine nachhaltige und inklusive wirtschaftliche Erholung aus dem Schatten von COVID-19.
Dementsprechend stehen die vorstehend genannten Themen des Vorsitzes in einem Anderes überragenden Vordergrund. Da wird zunächst die Öffnung genannt, also Offenheit für Handel und Investitionen, Offenheit für Innovation und Digitalisierung im Rahmen des regelbasierten multilateralen Handelssystems. Die Konnektivität soll mit Blick auf die pandemiebedingten Unterbrechungen wieder verstärkt vorangetrieben werden. Es seien nur die Stichworte grenzüberschreitender Handelsaustausch, Tourismus, allgemeine Mobilität und Ausbau des Gesundheitssystems genannt. Der Schwerpunkt Balance schließlich ruft in Erinnerung, dass die pandemischen Rahmenbedingungen wirtschaftliche Ungleichheiten vertieft haben und es nunmehr darum gehen wird, gemeinsam in den Mitgliedern eine wirtschaftliche Wiederbelebung unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Nachhaltigkeit sicherzustellen.
Und lassen Sie mich allgemein festhalten: Zweimal blickt in diesen Tagen die Weltgemeinschaft auf bedeutende Gipfeltreffen in Asien. Auch ein Anzeichen dafür, wie multipolar unsere Welt geworden ist. Und das ist gut so.
Dr. Michael Borchmann
Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), früherer Abteilungsleiter (Director General) Internationale Angelegenheiten
Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen a.D.
Senior Adviser der CIIPA des Handelsministeriums der VR China