„Die internationale Lage erlebt momentan große Umbrüche und Unwägbarkeiten. Gerade in wechselhaften und undurchschaubaren Situationen sind China und Deutschland als Länder mit großem Einfluss mehr denn je gefordert, enger zu kooperieren und mehr Beiträge zur Wahrung des Friedens sowie zum Wachstum der Welt zu leisten.“ Dies sagte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping bei dem Gespräch am Freitagvormittag in Beijing mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz. China sei bereit, mit der deutschen Seite zusammenzuarbeiten, um eine zukunftsorientierte allseitige Partnerschaft zu etablieren sowie die chinesisch-deutschen beziehungsweise chinesisch-europäischen Beziehungen weiterhin voranzutreiben.
Scholz ist der erste europäische Führungspolitiker, der nach dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei (KP) Chinas nach China gereist ist. Zugleich war er zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt zu Besuch in China. In diesem Jahr wird auch das 50. Jubiläum der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern gefeiert. Dazu sagte Xi: „Die Geschichte der 50 Jahre zeigt, dass man nicht von der grundlegenden Richtung der bilateralen Beziehungen abweicht und festen Schrittes vorangeht, wenn man sich stets gegenseitig respektiert, trotz Unterschieden immer nach Gemeinsamkeiten sucht, voneinander lernt und zum beiderseitigen Nutzen zusammenarbeitet.“ Diese Worte stellten die Kernelemente für eine stabile sowie ständige Entwicklung der bilateralen Beziehungen dar.
Die politischen Systeme und Entwicklungswege der beiden Länder sind unterschiedlich. Bei manchen Diskussionsthemen sind Kontroversen unvermeidlich, was die bilateralen Beziehungen einigermaßen negativ beeinflussen könnte. Wie können sich die chinesisch-deutschen Beziehungen zukunftsorientiert entwickeln? Xi betonte, beide Länder sollten sich gegenseitig respektieren, auf die Kerninteressen des jeweils anderen achten sowie an Dialog und Konsultationen festhalten. Scholz sagte seinerseits, die Welt brauche eine multipolare Struktur und sprach sich deutlich gegen eine Konfrontation zwischen verschiedenen Lagern aus.
Die Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit war in den letzten 50 Jahren stets der „Ballast“ der bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern. China ist sechs Jahre in Folge der größte Handelspartner Deutschlands und Deutschland 47 Jahre in Folge der größte Handelspartner Chinas in Europa. Nach einem Bericht der Deutschen Handelskammer in China erzielten fast 60 Prozent der deutschen Unternehmen in China im vergangenen Jahr ein Geschäftswachstum und über 70 Prozent der befragten Unternehmen wollten ihre Investitionen in China weiter ausbauen. Ausländischen Medien zufolge hätten Vertreter von zwölf deutschen Konzernen Scholz bei seinem China-Besuch begleitet, die aus mehr als hundert gemeldeten Unternehmen ausgewählt worden sind. Das zeigt, wie sehr die deutsche Wirtschaft den chinesischen Markt und die Chancen in China schätzt.
Ausschließlich Zusammenarbeit könnte Vorteile bringen: darüber hat die deutsche Seite ebenfalls ein klares Verständnis. Vor seiner China-Reise hatte Scholz jeweils einen Gastbeitrag bei deutschen sowie US-amerikanischen Medien veröffentlicht, in dem er eine „Abkopplung“ mit China entschieden ablehnte. „Je komplexer und schwieriger die Situation ist, desto mehr müssten China und Europa an gegenseitigem Respekt, gegenseitigem Nutzen sowie an Dialog und Zusammenarbeit festhalten“, betonte Staatspräsident Xi Jinping beim Treffen mit Scholz.
Das 50. Jubiläum der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen ist für beide Seiten eine gute Gelegenheit, um durch Lernen des Alten neue Einsichten zu gewinnen und mit einer konstruktiven Haltung den größten gemeinsamen Teiler anzustreben. Das dient nicht nur den beiden Völkern, sondern auch ganz Europa sowie der gesamten Welt.