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Abschied von Lastenträgern: Ehemalige “isolierte Insel” Mêdog hat nun ein neues Leben

21.10.2022 09:00:10

Tenzin Gyatso

Der im Jahr 1974 geborene Tenzin Gyatso stammt aus einer armen Familie im Landkreis Mêdog in Nyingchi im Südosten der autonomen Region Tibet, das hauptsächlich von der ethnischen Minderheit Monba bewohnt wird. Wegen Armut konnte er keine Schule besuchen und begann schon im Alter von zwölf Jahren, als Lastenträger zu arbeiten.

Damals war Mêdog wie eine isolierte Insel in Tibet. Aufgrund mehrerer hochgelegener Bergketten gab es im ganzen Landkreis keine richtige Straßenverbindung mit der Außenwelt und alle Arten von Gütern konnten nur von Menschen transportiert werden, so dass Lastenträger eine gängige Beschäftigung wurde. Um in die nächste Gemeinde Pai vom Landkreis Milin zu gelangen, müssen Träger die engen Pfade nehmen und vier bis fünf Tage lang durch die Berge wandern. Auf dem Weg würden sie in den Zelten der Dorfbewohner entlang der Route übernachten, wenn sie Glück hätten - wenn nicht, könnten sie sich nur in der Wildnis ausruhen.

In der Gemeinde Pai hat der junge Tenzin Gyatso zum ersten Mal in seinem Leben breite Straßen, Autos, Motorräder und Fernsehgeräte gesehen. Es war für ihn eine völlig andere Welt im Vergleich zu dem Dorf, in dem er aufgewachsen ist. „Damals gab es in meiner Heimat fast gar nichts, nicht einmal Strom“, erinnerte sich der 48jährige Tibeter.

Am 18. Oktober 2004 überquerten Lastenträger eine einfache Holzbrücke in Mêdog 

Da es keine Straße gab, konnten die Kinder in Mêdog, die die Schulen in Nyingchi besuchen, nur tagelang zu Fuß gehen, und die schwer kranken Patienten mussten auf Bahren oder auf den Schultern zum Krankenhaus in Nyingchi getragen werden.

Man hat schon früher versucht, Straßen für Mêdog zu bauen. Ab dem 1960er Jahren hat die Regierung bereits mehrmals versucht, dies zu tun, aber wegen der komplizierten geografischen Lage in der Region und der häufig auftauchenden Naturkatastrophen konnte es immer nicht gelingen. Erst am 31. Oktober 2013 wurde die 117 Kilometer lange Mêdog-Straße endlich für den Verkehr freigegeben. Die Geschichte, in der Mêdog keine Straße hatte, ist vorbei. Fahrzeuge und Agrarmaschinen können rein, Kinder brauchen nicht mehr zu Fuß zur Schule zu gehen, und die Kranken können auch mit dem Auto zum Krankenhaus geliefert werden. Das Volkskrankenhaus von Mêdog wird auch mit Krankenwagen ausgerüstet. Die Zeit der Lastenträger ist vorbei.

Im zweiten Jahr nach der Eröffnung der Mêdog-Straße war eine große Menge von Baumaterialien in den Kreis zugeströmt: Der Bau von Sozialwohnungen hat begonnen. In den folgenden Jahren sind viele Menschen in die neuen Wohnungen umgezogen.

Pai-Mêdog-Straße

Im Mai 2021 wurde die zweite Straße, die Mêdog mit anderen Orten verbindet, die Pai-Mêdog-Straße, fertig gebaut. Nach deren Eröffnung soll die Strecke von Nyingchi zu Mêdog von ursprünglich 346 km auf 180 km und die Fahrtzeit um etwa acht Stunden verkürzt werden. Gegenwärtig sind alle acht Gemeinden und 46 Verwaltungsdörfer im Landkreis Mêdog an die Straßen angeschlossen.

Nachdem er die Chancen beim Aufbau der Infrastruktur gesehen hatte, kaufte Tenzin Gyatso eine Grabenmaschine und vermietete die an die Baustellen. Zudem hat er auch einen Gasthof gebaut. Zusammen mit dem Einkommen von seinem Teegarten und den Subventionen von der Regierung für die an der Grenze lebenden Familien übersteigt sein Gesamteinkommen im Jahr über 100.000 Yuan RMB. 2017 wurde er von den Dorfbewohnern zum Direktor des Dorfkomitees gewählt. Dank der verbesserten Bildungsbedingungen sind alle seiner vier Kinder in die Uni gegangen. „Die jungen Menschen dieser Generation haben Glück. Sie brauchen nicht mehr als Träger zu arbeiten wie ich damals“, sagte Tenzin Gyatso. 

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