Auf einer schönen Weide an einem See im autonomen Gebiet Tibet malt eine Gruppe von Schülern unter der Anleitung ihres Lehrers die atemberaubende Landschaft.
Die Viertklässlerin Sherab Tsomo hält ihr Werk in den Händen, auf dem ein wunderschöner Regenbogen einen scharfen Kontrast mit einigen neuen Gebäuden im tibetischen Stil bildet.
„Ich hoffe, dass ich wie mein Lehrer Kunst studieren kann“, sagt sie.
Der Lehrer, von dem das zehnjährige Mädchen spricht, ist Liu Yixiao, ein Kunstlehrer am regionalen Jugend- und Kinderzentrum, der 2013 als Freiwilliger nach Tibet kam. „Die Landschaft des Plateaus und das tibetische Volk haben mich nach Tibet gelockt“, sagt der 34-jährige Liu.
Nachdem er die Höhenkrankheit überwunden hatte, unterrichtete er im regionalen Jugend- und Kinderzentrum im Doilungdeqen-Distrikt der Regionalhauptstadt Lhasa. „Damals war der Bezirk ein weniger entwickeltes Gebiet am Rande von Lhasa. Ich brauchte mehr als eine halbe Stunde zu Fuß, um Lebensmittel einzukaufen“, sagte Liu. „Aber ich habe mich in den Ort verliebt, weil die Kinder hier ein riesiges Interesse für Malen gezeigt haben und ich spürte, dass ich hier gebraucht werde.“
Im Jahr 2017 wurde Liu als Kunstlehrer in die Gemeinde Zhentang im Landkreis Dinggye geschickt. Die Gemeinde liegt am Fuße des Qomolangma und wird von mehr als 2.600 Sherpas bewohnt - eine Nationalität, die hauptsächlich in den grenznahen Regionen Chinas und Indiens sowie im Osten Nepals lebt.
In Zhentang zeichnete Liu Hunderte von Skizzen für das Sherpa-Volk und ermutigte seine Schüler, ihre eigenen Träume zu verfolgen. Zu Lius Freude nahm Sidar, einer seiner Schüler in Zhentang, im letzten Monat Kontakt zu ihm auf. Sidar sagte, das Malen habe ihn inspiziert und er wollte nun mit Fotografie und Videos anfangen.
„Ich bin froh, dass meine Schüler Träume haben und sich trauen, ihre Träume zu verfolgen“, sagte Liu.
2018 kehrte Liu in das regionale Kinder- und Jugendzentrum in Lhasa zurück und organisierte eine Kunstausstellung für seine Schüler. Die Werke mit unerwarteten Farben und Linien beeindruckten viele der Besucher.
In den letzten Jahren hat Liu beobachtet, wie rund um das Jugend- und Kinderzentrum in den letzten Jahren hohe Gebäude, Industriecluster und Einkaufsstraßen wie Pilze aus dem Boden schossen, was sein Leben sehr viel bequemer gemacht habe. Was ihn noch mehr beeindruckt, seien die Änderungen der Einstellungen der Tibeter zur Bildung der Kinder.
„Am Anfang hatte ich hier nur 10 Schüler. Jetzt ist die Zahl auf 140 angestiegen“, sagte er und fügte hinzu, dass in Lhasa immer mehr Ausstellungen auf verschiedenen Ebenen stattfinden, bei denen auch immer mehr Werke von Kindern gezeigt werden.
„Jetzt muss ich von meinen Schülern lernen, wie einfach, frei und manchmal romantisch sie sich in ihren Werken ausdrücken.“