In den Augen des 31-jährigen Wangdu befindet sich die schönste Landschaft der Welt in seinem Heimatort, einem kleinen Dorf auf 5.070 Metern Höhe im Autonomen Gebiet Tibet im Südwesten Chinas. Das in der Nähe des Puma-Yumco-Sees in der Stadt Shannan gelegene Dorf Dowa, in dem nur 40 Haushalte leben, ist eines der höchstgelegenen Dörfer der Welt. Seit Generationen hüten die Einwohner Schafe, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Dank der verbesserten Bildungschancen und der sozialen Entwicklung hat sich das Dorf grundlegend verändert und junge Menschen wie Wangdu kehren in ihre Heimat zurück und tragen zum Wandel bei. Wangdu wurde in einer Hirtenfamilie geboren und erinnert sich noch gut daran, wie er als Kind seinen Eltern in den Ferien beim Hüten helfen musste: „Manchmal mussten wir für einen Monat von zu Hause weg.“
Im Jahr 2013 schrieb sich Wangdu an der Tibetischen Universität in Lhasa, der Hauptstadt des Autonomen Gebiets Tibet, ein und war damit einer der ersten Studenten aus seinem Dorf. Vier Jahre später beschloss der Absolvent des Fachbereichs Rundfunk und Fernsehen, in seine Heimat zurückzukehren. Er sagt: „Es ist schade, dass nur wenige Menschen von der atemberaubenden Aussicht auf die umliegenden schneebedeckten Berge und den schönen See hier wissen. Ich möchte etwas tun, um meinen Heimatort in einen Touristenort zu verwandeln.“
Im Jahr 2017 eröffnete Wangdu die erste Pension im Dorf, die elf Betten anbot. Um den Tourismus zu fördern, reiste er nach Lhasa, um bei Reisebüros nach Partnern zu suchen, gab Broschüren heraus und eröffnete Konten auf Online-Video-Plattformen. Zur gleichen Zeit verabschiedeten sich die Dorfbewohner im Rahmen der Armutsbekämpfung von ihren schäbigen Häusern und ließen bis vor ihre Haustüren Betonstraßen bauen. Jetzt leben die Dorfbewohner in brandneuen Häusern im tibetischen Stil. Da sie zu Hause über Wasserleitungen verfügen, müssen sie auch kein Wasser mehr aus dem See holen. Die Dorfbewohner kümmern sich abwechselnd um ihre Schafe, sodass die eingesparten Arbeitskräfte anderen Tätigkeiten nachgehen können.
Die verbesserten Einrichtungen haben auch mehr Touristen angelockt. Im Jahr 2019 hat Wangdu, der von der Regierung Unterstützung für sein Unternehmertum erhält, seine Gaststätte zu einer Herberge am See mit 14 Zimmern ausgebaut und fünf Dorfbewohner für Reinigungs- und Rezeptionsarbeiten angestellt. Während der Hochsaison ist die Herberge ausgebucht. Die Touristen kommen aus dem ganzen Land, unter anderem aus Städten wie Beijing, Shanghai, Shenzhen und Chengdu. Wangdu benannte die Zimmer nach den nahe gelegenen Bergen und Seen, zum Beispiel Puma Yumco, um die Orte bekannter zu machen.