Die Verträge von Beijing
Die Verträge von Tianjin stellten die britischen und französischen Aggressoren immer noch nicht zufrieden. Unter dem Vorwand des Austauschs der Ratifikationsurkunde der Verträge kamen die britischen und französischen Gesandten im Juni 1859 auf Kriegsschiffen nach Dagu. Die Kriegsschiffe attackierten mit Unterstützung der amerikanischen Flotte die Festung Dagu. Die chinesische Garnison erwiderte das Feuer, beschädigte und versenkte mehrere Schiffe und setzte rund 500 ausländische Soldaten außer Gefecht. Als Vergeltung schickten Großbritannien und Frankreich im Juli 1860 eine gemeinsame Streitmacht von 16 000 Mann nach Dagu. Im August besetzten sie Dagu und Tianjin, und im Monat darauf rückten sie gen Beijing vor. Im Oktober rückten sie in Beijing ein, wo sie plünderten und den weltbekannten Sommerpalast Yuanmingyuan niederbrannten, der eine kaiserliche Anlage in Verbindung von westlicher und östlicher Architektur darstellte und zahlreiche Kunst- und Kulturschätze beherbergte. Ende Oktober gab die Qing-Regierung nach, und Kaiser Xianfeng (Reg. 1851-1861), der nach Rehe (heute Chengde, Provinz Hebei) geflohen war, sandte seinen Bruder zu Friedensverhandlungen nach Beijing. So wurden der Chinesisch-Britische und der Chinesisch-Französische Vertrag von Beijing unterzeichnet.
Die Verträge von Beijing schrieben u. a. vor, dass die Verträge von Tianjin weiter in Kraft blieben, dass Tianjin als zusätzlicher Handelshafen geöffnet würde, dass Jianshazui auf der Halbinsel Kowloon an Großbritannien abgetreten würde, dass Briten und Franzosen für ihre Kolonien chinesische Arbeiter rekrutieren könnten und dass die Entschädigungszahlungen für Großbritannien und Frankreich je auf acht Millionen Tael Silber erhöht würden.
Nach der Unterzeichnung der Verträge von Beijing zogen sich die Briten und Franzosen aus Beijing zurück. So wurde der Zweite Opiumkrieg beendet.
Besetzung chinesischer Territorien durch das zaristische Russland
Schon von den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts an verletzte das zaristische Russland immer wieder den östlichen Abschnitt der chinesisch-russischen Grenze, die im Vertrag von Nipchu 1689 festgelegt worden war, indem es wiederholt in die Gebiete am Unterlauf des Heilongjiang und auf die Insel Sachalin vordrang.
Als Großbritannien und Frankreich den Zweiten Opiumkrieg entfesselten und Tianjin angriffen, nutzte das Zarenreich die Notlage Chinas aus. Im Mai 1858 zwang es Yishan, den Gouverneur von Heilongjiang, mit Waffengewalt, den Chinesisch-Russischen Vertrag von Aigun zu unterzeichnen, wodurch China große Gebiete südlich des Äußeren Hinggan-Gebirges und nördlich des Heilongjiang, insgesamt über 600 000 Quadratkilometer, geraubt wurden. Außerdem wurden etwa 400 000 Quadratkilometer chinesischen Territoriums östlich des Flusses Wusulijiang als "unter gemeinsamer Kontrolle" von China und Russland bezeichnet. Später eroberte Russland noch die chinesische Hafenstadt Haishenwei und benannte sie in Wladiwostok um.
Im November 1860, als die alliierten Truppen von Großbritannien und Frankreich Beijing eroberten, drohte Russland China mit Krieg und zwang die Qing-Regierung, den Chinesisch-Russischen Vertrag von Beijing zu unterzeichnen. Etwa 400 000 Quadratkilometer chinesischen Territoriums östlich des Wusulijiang wurden dadurch Russland einverleibt. Mit Hinweis auf diesen Vertrag und das Chinesisch-Russische Protokoll von Tschugutschak, das von der Qing-Regierung im Oktober 1864 unter Zwang unterzeichnet worden war, okkupierte das zaristische Russland noch weitere 440 000 Quadratkilometer chinesischen Territoriums östlich und südlich des Balchasch-Sees. Insgesamt betrugen die Flächen chinesischen Territoriums, das vom zaristischen Russland während und nach dem Zweiten Opiumkrieg einkassiert worden waren, mehr als 1,5 Millionen Quadratkilometer.
Durch den Zweiten Opiumkrieg verlor China nicht nur ausgedehnte Hoheitsgebiete, sondern auch die nationale Souveränität. Nach dem Zweiten Opiumkrieg arbeiteten heimische und ausländische Kräfte Hand in Hand, um China noch schneller in eine Kolonie zu verwandeln. Im August 1861 starb Kaiser Xianfeng in Rehe, sein sechsjähriger Sohn Zai Chun folgte als Kaiser Tongzhi (Reg. 1862-1875) auf den Thron. Dessen Mutter Nala mit dem Titel Kaiserinwitwe Cixi (1835-1908) führte aber im November einen Staatsstreich durch und übernahm die Macht. So begann ihre 47 Jahre währende Herrschaft über China.
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