Hinsichtlich der Verbreitung des chinesischen Tees und der chinesischen Teekultur verdienen Japan und Korea unsere besondere Aufmerksamkeit. Beide Länder haben ihre Zivilisation früh entwickelt und in vielerlei Hinsicht China nachgeahmt. Sowohl in chinesischen Dokumentationen als auch in japanischen und koreanischen findet man ausführliche Aufzeichnungen über den Zugang des Tees und der Teekultur zu diesen beiden Ländern. Dass sich die Kulturen Koreas und Japans mehr oder weniger aus der chinesischen Kultur entwickelt haben, beweisen schriftliche Unterlagen und archäologische Funde in beiden Ländern. So haben Korea und Japan mit der Einfuhr des chinesischen Tees auch seine materiellen und geistigen Formen absorbiert. Der Tee wird in Korea und Japan ohne Zutaten getrunken. Die Einfuhr des chinesischen Tees fand statt, als Lu Yu in der Tang-Dynastie das System der chinesischen Teekultur schuf. Jede große Wende der chinesischen Teekultur in der Tang-, der Song- und der Ming-Dynastie griff auf Korea und Japan über.
Es ist dokumentiert, dass der Tee im Jahr 593 unter dem Kaiser Wendi der Sui-Dynastie (581 - 618) im Zuge der Verbreitung der Kultur und des Buddhismus mit nach Japan gebracht wurde. Eine spätere japanische Quelle beschreibt:"Am 8. April 729 (in China während der Regierungszeit des Tang-Kaisers Xuanzong) fand im japanischen Kaiserhof eine große Tee Veranstaltung statt. Der Tenno Mikado hatte 100 Mönche zum Predigen eingeladen. Am nächsten Tag bekam jeder Mönch vom Tenno ein Teegeschenk." Im Jahr 804 kam der Gründer der japanischen Tiantai-Sekte, Saicho, nach China und kehrte ein Jahr später in seine Heimat zurück. Er brachte eine Menge buddhistischer Schriften und Teesaat mit nach Japan. Auf einem Berg in der Region Oumi ging der erste Aussaat auf. Schließlich war es der japanische Mönch Kukai, der die Japaner im Detail in die chinesischen Techniken der Teezubereitung und des Teetrinkens einführte. Er kam wie der Mönch Saicho im Jahr 804 nach China, wo er in Chang'an den Buddhismus studierte und die Teetechniken wie Dämpfen und Rösten kennen lernte. Als er 806 die Heimatreise antrat, hatte er nicht nur Teesaat, sondern auch Mörser für die Teezubereitung in seinem Reisegepäck. Die Trinkweise in Japan hatte große Ähnlichkeit mit jener in der Tang-Dynastie. Teebriketts wurden direkt im Wasser gekocht und mit Zutaten wie Pueraria edulis und Ingwer getrunken. In dieser Zeit war das Teetrinken wegen zu geringer Teepflanzungen auf den Hof und auf wenige Mönche beschränkt. Im Volk blieb der Tee noch länger unbekannt.
Fast zwei Jahrhunderte nach der Hirayasu-Zeit, in China die Zeit der Fünf Dynastien (907 - 960), verringerten sich die Kontakte zwischen China und Japan, und aus unbekannten Gründen verschwand der Tee wieder aus Japan. Erst in der Zeit der Südlichen Song-Dynastie (1127 - 1279) führte der japanische Mönch Eisai Tee wieder nach Japan ein.
Der Mönch Eisai war erst 14 Jahre alt, als er sich den Initiationsriten als Mönch in Japan unterzog. Mit 21 war er fest entschlossen, nach China zu reisen. Im Jahr 1168 betrat er in Mingzhou, Provinz Zhejiang, den chinesischen Boden. Er bereiste bekannte Klöster in Südchina, ging im Wannian-Kloster auf dem Berg Tiantai bei dem chan-buddhistischen Meister Xu An in die Lehre und wechselte mit ihm in das Jingde-Kloster am Berg Tongshan. Zu jener Zeit erlebte die Südliche Song-Dynastie eine Hochblüte der Teekultur, und in den 24 Jahren seines Aufenthaltes in China lernte Eisai die chinesischen Sitten und Gebräuche genau kennen. Im Jahr 1192 kehrte er nach Japan zurück. Er kannte nicht nur die Kunst der chinesischen Teekultur, sondern auch den Sinn der chan-buddhistischen Teekultur. Das war der Grund, warum die japanische Teezeremonie besonders Askese und Einsamkeit unterstreicht. Nach seiner Rückkehr pflanzte er in Japan Tee an und schrieb das Buch Körperpflege durch Teetrinken. Vom Inhalt her war das Buch stark beeinflusst durch Lu Yus Buch über den Tee. In langen Passagen beschrieb Eisai die physischen und psychischen Wirkungen des Tees. Er gilt als der eigentliche Begründer der japanischen Teekunst.
In den Perioden der Yuan- und der Ming-Dynastie rissen die Besuche japanischer Mönche nicht mehr ab. Hohe japanische Mönche kannten sich in der Trinksitte der Chan-Buddhisten und im geselligen Teetrinken der Gelehrtenkreise in China aus. Durch eine Verschmelzung der beiden Formen des Teetrinkens schufen sie die "Kammer-Teezeremonie", und die japanische Teezeremonie vervollkommnete sich dann immer mehr.
So können wir feststellen, dass Japan chinesische Techniken für den Teeanbau und die Teezubereitung sowie die Teetrinkkunst und den Geist der Teezeremonie eingeführt und diese entsprechend den Verhältnissen des eigenen Landes umgestaltet hat.
Nach authentischen Quellen kam Tee in der Periode der Shin-Ra nach Korea. Zwischen dem 4. und dem 5. Jahrhundert hatten in Korea die Reiche Ko Roo, Pack Che und Shin-Ra bestanden. Zwischen 632 und 646 vereinigte der König von Shin-Ra das Land, das Zeitalter von Shin-Ra begann. Von da an führte Korea Tee von China ein und lernte von China die Techniken des Teeanbaus und der Teeaufbereitung. Auf einer Stele für den Mönch Chin-Kam, der den Tempel Ssang-Hee erbaut hatte, steht geschrieben: ?Wenn Tee aus China kommt, tut man ihn in einen Steintopf und kocht ihn auf Holzfeuer."
Diese Inschrift zeigt, dass das Teetrinken in koreanischen Tempeln bereits ein Ritual geworden war. Aus dem von Lee-Kaybo (1168 - 1235) geschriebenen Buch Tagebuch über die Reise nach Süden geht hervor, dass er das in der Song-Dynastie gängige Aufbrühverfahren genau kannte. Es heißt darin:"Eigentlich will ich für den ehrwürdigen Xiao Tee kochen, aber ich habe kein Quell was ser. Plötzlich quillt köstliches Wasser aus einer Felsspalte..." Dieses Beispiel beweist, dass koreanische Mönche beim Teekochen schon sehr auf die Wasserqualität achteten. Im Jahr 828 brachte der Gesandte Dae-Yom Teesaaten mit nach Hause, säte sie um den Tempel Hwa-Am auf dem Berg Chi-Yee und leitete so die Teeproduktion in Korea ein. Heute werden in Korea auf einer Fläche von 1400 Hektar jährlich ca. 1500 Tonnen Tee geerntet.
Allgemein wird angenommen, dass chinesischer Tee in der Zeit der Nördlichen und der Südlichen Song-Dynastie in südostasiatische Länder kam. In der Nördlichen Song-Dynastie wurden in Guangzhou, Mingzhou, Hangzhou und Quanzhou Ämter für den Schiffsverkehr eingerichtet. Die Schiffe aus Guangzhou und Quanzhou fuhren in südostasiatische Länder, während die Schiffe aus Mingzhou Kurs auf Japan und Korea nahmen. Tee gehörte zu den Handelsgütern mit südostasiatischen Ländern.
Die Südliche Song-Dynastie pflegte Handel mit arabischen Ländern sowie mit Italien, Japan und Indien. Quanzhou war damals der Haupthafen für den Außenhandel mit asiatischen und afrikanischen Ländern. Tee aus der heutigen Provinz Fujian wurde in großer Menge ausgeführt. Der Lianhuafeng-Tee zum Beispie (heute der grüne Tee von Shiting), der verdauungsfördernd, entzündungsbekämpfend und harntreibend wirkt, wurde ein wichtiger Exportartikel in die südostasiatischen Ländern.
Der chinesische Seefahrer Zheng He aus der Ming-Dynastie führte sieben große Seefahrten und erreichte Vietnam, Java, Indien, Sri Lanka, die arabische Halbinsel und die Ostküste Afrikas. Jedes Mal nahm er Tee mit. Zu jener Zeit war das Teetrinken in jenen Ländern bereits allgemein verbreitet.
Diese Länder führten nicht nur Teeprodukte, sondern auch die Anbautechniken aus China ein. Indonesien begann im 16. Jahrhundert mit dem Teeanbau. Sein Hauptanbaugebiet lag auf Sumatra. In den Jahren 1684 und 1731 importierte das Land jeweils Teesaaten aus China.
Die Inder lernten Tee von Tibet aus kennen. Es wird angenommen, dass die Inder in der Tang-Dynastie oder in der Song-Dynastie bereits über die Teetrinksitten der Chinesen informiert waren. 1780 verschiffte die Ostindische Kompanie Teepulver aus Guangzhou nach Indien und 1788 Teesaaten. Heute ist Indien einer der großen Teeproduzenten in der Welt.
Dass der chinesische Tee in südostasiatischen Ländern eine neue Heimat gefunden hatte, war von großer Bedeutung, denn diese Länder diente als Brücke, über die der chinesische Tee-Export in die Anrainerländer am Mittelmeer und in die europäischen und afrikanischen Länder ging. So konnte nach der Yuan- und der Ming-Dynastie eine "Teestraße" zum Westen entstehen. Die westlichen Länder führten über die südostasiatischen Länder Tee ein, und Länder mit günstigen Naturbedingungen wurden ebenfalls zu Teeproduzenten. In der Ming-Dynastie und zu Anfang der Qing-Dynastie waren Teeimporte aus diesen Ländern viel billiger als der Import aus China. Der Teeanbau und die Verbreitung des Teetrinkens in diesen Ländern waren zugleich die Voraussetzung für die anschließende Verbreitung der chinesischen Teekultur nach Westen.
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