Die Verbreitung des chinesischen Tees in die westlichen Länder erfolgte in drei Phasen.
In der ersten Phase, etwa in der Yuan-Dynastie, wurde dem Westen der Tee förmlich "aufgedrängt".
Anfang der Yuan-Dynastie machten Dschingis Khan und Kublai Khan ausgedehnte Expeditionen. In der Mongolei hatte sich schon sehr früh eine Milchteekultur herausgebildet. Sie war sozusagen ein Übergangsgebiet, über das sich der Tee aus Zentralchina nach Zentralasien und Westasien verbreitete. Die Expeditionstruppen erreichten über Westasien Europa und brachten dabei selbstverständlich den Milchtee mit. Es ist sehr wahrscheinlich, dass osteuropäische Länder in dieser Zeit Kenntnisse über den chinesischen Tee erhielten. Dass Russland schon wenig später Tee aus China importierte, dürfte damit im Zusammenhang stehen.
Es gab aber auch eine andere Möglichkeit, Kenntnis vom chinesischen Tee zu gewinnen. Die früheste westliche Aufzeichnung über den chinesischen Tee erschien zur Zeit der Yuan-Dynastie, und der Autor hieß Marco Polo. Mit seinem Onkel war er über Zentralasien und Xinjiang in die chinesische Hauptstadt Dadu gelangt. Er lebte mehr als zehn Jahre in China und war sogar Beamter der Yuan-Dynastie. So wurde er mit den Teetrinksitten der Chinesen vertraut. Er kehrte nach Venedig in der Eigenschaft als Gesandter der chinesischen Regierung zurück. Auf dem Rückweg nahm er die Südlinie, zuerst über chinesische Teeanbaugebiete südlich des Yangtse, dann über südasiatische Länder, den Indischen Ozean und das Mittelmeer. Er brachte Porzellan, Nudeln und Tee aus China mit. Sein Reisebericht faszinierte den Westen, und die Europäer wurden neugierig auf den chinesischen Tee.
Die zweite Phase war erst ein probeweiser Teehandel und dann seine allmähliche Ausweitung. Die Russen bekamen als erste chinesischen Tee. 1567, in der Regierungszeit des Kaisers Muzong der Ming-Dynastie, bereisten zwei Kosaken China. Sie brachten chinesischen Tee auf Umwegen nach Russland. 1618 schenkte der chinesische Botschafter in Russland dem Zaren Tee. 1735, während der Regierungszeit der Zarin Ellizabeth, transportierte eine russische Privatflotte Tee von China nach Russland. Der Tee war dem Zarenhof, den Aristokraten und hohen Beamten vorbehalten. Wegen der hohen Transportkosten war Tee damals sehr teuer.
In der europäischen Literatur finden wir Aufzeichnungen über den chinesischen Tee auch aus dem 16. Jahrhundert.
Die dritte Phase wurde eingeleitet durch den Aufstieg des Kapitalismus und mit der Kolonialpolitik. 1606 wurde die holländische Ostindische Kompanie ins Leben gerufen. Ein Jahr später erreichte eine niederländische Handelsflotte Java und Macao. Mit dem chinesischen Grüntee und anderen Waren an Bord erreichten die Schiffe 1610 Holland. Das war der Beginn des Teetransportes aus den holländischen Kolonien und China. 1637 liefen Schiffe der britischen Ostindischen Kompanie in den chinesischen Hafen Guangzhou ein, um Tee zu laden. Das war der Auftakt des chinesisch-britischen Teehandels. Schweden, Holland, Dänemark, Frankreich, Spanien, Portugal, Deutschland und Ungarn folgten.
Anfang des 18. Jahrhunderts waren viele Europäer dem Tee gegenüber noch argwöhnisch. Etwa gleichzeitig wurde auch Kaffee nach Europa importiert. Auch ihm gegenüber war man misstrauisch. Der schwedische König Gustav III. wollte sich Klarheit über diese beiden neuen Getränke schaffen. Er nahm zwei zu Tode Verurteilte als "Versuchskaninchen". Der König versprach den Zwillingsbrüdern, ihnen das Todesurteil zu erlassen, falls sie sich mit dem Versuch einverstanden erklärten. In der Hoffnung, den Versuch zu überleben, sagten die Brüder zu. Einer trank jeden Tag einige Tassen Kaffee, der andere einige Tassen Tee. Es passierte nichts. Der Bruder, der Tee getrunken hatte, erreichte sogar das hohe Alter von 83 Jahren. So fand der chinesische Tee den Zugang zu ganz Europa.
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