Nach dem Fall des Kaiserreiches blieb von der im Krieg niedergebrannten Stadt Xianyang nicht mehr übrig als ein Trümmerfeld, und die nachfolgende Westliche Han-Dynastie (206 v.Chr. - 25 n.Chr.) verlegte ihre Hauptstadt in das südöstlich davon gelegene Chang'an. Auch die Hofanlagen der Westlichen Han-Dynastie waren von riesigem Ausmaß. Allein der "Palast der Ewigen Freude" (Changele Gong) und der "Palast der Unendlichkeit" (Weiyang Gong) nahmen zwei Drittel des Stadtgebiets von ca. 36 km² ein- zählt man den "Zimtstrauch-Palast" (Gui Gong), den Nördlichen und den "Palast des Hellen Lichts" (Ming Guang Gong) hinzu, dann machten die Palastgebäude vielleicht sogar über die Hälfte der Stadtfläche aus. Damit waren sie zusammengerechnet über zwanzig Mal so groß wie die Verbotene Stadt in Beijing aus der Ming- und der Qing-Dynastie.
Wie die Macht der Han-Dynastie erreichte auch der Garten- und Parkbau unter der Herrschaft von Han Wudi (140 - 87 v.Chr) seinen Höhepunkt. Um den absoluten Machtanspruch des Kaisers auszudrücken, beaufsichtigte Han Wudi den Bau des "Wald-Parks" (Shanglin Yuan) persönlich. Dieser lag im Süden von Chang'an und reichte vom südlichen Ufer des Wei-Flusses bis zum Fuß der "Südberge" und die südlichen Hänge der "Neun-Gipfel-Berge" (Jiu Jun Shan), sondern auch acht größere Flüsse, die Zentral - Shaanxi in nordsüdlicher Richtung durchziehen. Der von Menschenhand ausgehobene Kunming-See konnte als Truppenübungsplatz für Schlachten auf dem Wasser verwendet werden. Neben 12 Palasthallenkomplexen waren im Park Wege, Korridore, Brücken, Pavillons und andere Elemente der Raumgestaltung angelegt. Außerdem gab es verschiedene, eigens für die Blumenzucht, für Musikvorführungen, für Hunderennen und andere Vergnügungen oder für die Zucht von Pappeln und Weiden entworfene Gärten. Im "Wald - Park" wuchsen die verschiedensten Obst- und Zierbaumarten, und es wurden zahlreiche seltene Vögel und ungewöhnliche Tiere gehalten - man könnte sagen, er war ein riesiger botanischer Garten, ein Zoo und eine Plantage in einem. Der Chronist Sima aus der Westlichen Han-Dynastie schrieb einst nicht ohne Übertreibung über den "Wald-Park": Am südlichsten Punkt gedeiht im Winter noch allerlei, während am nördlichsten Punkt im Sommer Stein und Bein friert. Der "Wald-Park" war der größte Park in der chinesischen Geschichte. Später wurden Anlagen dieses Ausmaßes nur noch sehr selten gebaut.
Sowohl der "Wald-Park" als auch der Afang-Palast wurden durch Kriegswirren zerstört, doch sie hatten einen nachhaltigen Einfluss auf die chinesische Gartenbaukunst. Als Symbole des vereinigten Großreichs strebten die Palastgärten der Qin- und der Han-Dynastie letztendlich nach höchster Fertigkeit auf Erden, ja im ganzen Universum. Ihre Konzeption ging davon aus, dass sie eine riesige Fläche zu besetzen und die gesamte Bandbreite der Gebäudearten und Landschaften abzudecken hatten, wodurch sie das damalige Staatsverständnis und die Kosmologie jener Zeit verkörperten. Dahinter liegt die für jene Epoche typische Vorstellung von der Vereinigung von Mensch und Gott und der Untrennbarkeit von Himmel und Erde. Und nicht zuletzt symbolisierten die drei Inseln Yingzhou, Penglai und Fangzhang im "Weiher der Höchsten Flüssigkeit" (Tai Ye Chi) im "Wald-Park", die in volkstümlichen Mythen überlieferten drei Berge der Unsterblichen im mittleren und östlichen Meer. Das Element der drei Götterinseln im Wasser wurde von späteren kaiserlichen Gartenbaumeistern zum klassischen Bestandteil der Gestaltung erhoben, so dass sich "ein Teich, drei Hügel" zum wiederholt imitierten Muster entwichelte.
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