Viele Menschen wissen nicht, oder können sich gar nicht vorstellen, dass es wunderschöne Greifvögel gibt, die alltäglich über den Städten schweben, in denen wir leben.
Greifvögel sind zwar selten, aber von zentraler Bedeutung für das Ökosystem, da sie eine regulierende Rolle für Tiergemeinschaften und Populationen spielen. Das Überleben jedes einzelnen Greifvogels ist daher wichtig. Leider sind sie auch Bedrohungen wie extremen Wetterbedingungen, Urbanisierung und illegaler Jagd ausgesetzt.
In Beijing gibt es ein Greifvogel-Rettungszentrum, in dem Rehabilitatoren in den vergangenen 21 Jahren mehr als 3.000 verletzte Greifvögel wieder in den blauen Himmel gebracht haben. Die Greifvogel-Rehabilitatorin Zhou Lei erinnert sich noch gut an das erste Mal, als sie einen Geier rettete. Es war der größte Raubvogel, den sie je gerettet hatte. „Sein einziger ausgebreiteter Flügel war so lang wie die beiden offenen Arme eines erwachsenen Menschen.“
Geier ernähren sich von den Kadavern großer Tiere. Zhou Lei hatte sie schon einmal aus der Ferne durch ihre Käfige im Zoo beobachtet. Sie war etwas nervös, weil sie zum ersten Mal einem Geier so nahe kam. Trotzdem konnte sie sich zusammenreißen und die übliche Prozedur durchführen. Sie bedeckte die Augen und den Kopf des Geiers mit einem großen Handtuch, um ihn in der Dunkelheit ruhig zu halten, und kontrollierte seine Beine und Flügel, damit er bei der Untersuchung und Behandlung mitmachte. Dieses Standardverfahren gewährleistet Experten zufolge die Sicherheit sowohl des Rehabilitators als auch des Tieres.
Die Greifvögel haben unglaublich scharfe Krallen. Um Verletzungen zu verhindern, müssen die Rehabilitatoren Handschuhe aus echtem Leder tragen. Zhou Lei sagt: „Baumwollhandschuhe werden von Raubvögeln leicht zerkratzt und funktionieren überhaupt nicht.“
Die dominante Haltung eines Greifvogels, der mit leuchtenden Augen, breiten Flügeln und scharfen, kräftigen Krallen durch die Luft fliegt und seine Beute ergreift, vermittelt oft ein Gefühl von Robustheit und Majestät. Zhou Lei sagt jedoch: „Es gibt leider eine Kluft zwischen einem wirklichen Raubvogel und dem, was die Menschen normalerweise denken. Nicht alle Greifvögel sehen majestätisch aus“. Der kleinste Greifvogel, den das Rettungszentrum aufgenommen habe, sei ein ausgewachsener Rothornkauz mit einem Gewicht von nur etwa 80 Gramm gewesen, so Zhou Lei.
Fleischfressende Greifvögel stehen an der Spitze der Nahrungskette und sind für die Aufrechterhaltung der Stabilität des Ökosystems unerlässlich. „Die Zahl der einzelnen Greifvögel ist im Vergleich zu anderen Tierarten gering. Mittlerweile sind alle Greifvögel staatlicherseits auf der zweiten oder höheren Stufe geschützt,“ sagte Deng Wenhong, Professor am Institut für Lebenswissenschaften der Beijing Normal University und Geschäftsführer des Beijinger Greifvogel-Rettungszentrums. Er erinnert sich, dass in den 1990er Jahren der Fang und Erwerb von Greifvögeln fast ein alltägliches Phänomen waren. Vor diesem Hintergrund gründeten die Beijing Normal University, der International Fund for Animal Welfare (IFAW) und die Beijinger Verwaltungsstation für Wildtierschutz im Dezember 2001 gemeinsam das Beijinger Greifvogel-Rettungszentrum, die erste professionelle Greifvogelrettungsorganisation in China.
Das Zentrum hat inzwischen bereits zahlreiche wertvolle Erfahrungen gesammelt. Wenn es sich beispielsweise um die jüngen Vögel handele, so Zhou Lei, die aus ihren Nestern gefallen waren, so müsse man sie äußerst vorsichtig behandeln. Um Jungvögel zu füttern, müssten die Rehabilitatoren normalerweise ihren Körper und ihr Gesicht bedecken und die Jungvögel durch einen simulierten Schnabel füttern, so wie es eine Vogelmutter in der Natur tun würde. Wenn die Jungvögel etwas älter seien, würden die Rehabilitatoren das Futter fein hacken und die Vögel anleiten, es selbst zu nehmen. Damit die Greifvögel so schnell wie möglich wieder in die Natur zurückkehren könnten, würden die Rehabilitatoren sie sorgfältig trainieren, um ihre Flugkünste zu verbessern, sagte Zhou Lei.