Dynamisch, lebendig, optimistisch, weltoffen – und das alles im Alter von fast 80 Jahren. Radio China International begeht im Dezember 2021 sein 80. Jubiläum.
Trotz eines, bewegten Lebens, schwieriger Zeiten, Rückschlägen sowie Höhen und Tiefen, ist der Sender auch heute noch für seine Hörer da. Nicht den ganzen, immerhin aber einen beträchtlichen Teil des Weges, den die Sendeanstalt bis heute zurückgelegt hat, durfte ich diese begleiten. Ich bereue keinen einzigen Augenblick meiner nun schon seit mehr als fünfzig Jahren währenden Freundschaft und Sympathie zu Radio China International, das sich bei unserer ersten Begegnung noch Radio Peking nannte.
Dass sich allein schon in diesen fünfzig Jahren unserer Bekanntschaft sehr viel ereignete, lässt ahnen, wie viele Veränderungen und weltgeschichtliche Stürme der Sender in den 80 langen Jahren seines bisherigen Lebens überstanden haben muss. Radio China International gehört auch heute noch zu den Favoriten unter den vom mir regelmäßig gehörten international operierenden Rundfunkanstalten und sorgt in unserem Hause für ein weit gefächertes Bild Chinas und der Menschen des Landes. Die bezaubernde Schönheit und schier unerschöpfliche Vielfalt chinesischen Kunst-, Kultur- und Musikschaffens wäre mir bis heute sicherlich verborgen geblieben, wenn mich nicht schon in jungen Jahren die Faszination des Kurzwellen-Fernempfangs zu der Station aus der Hauptstadt des „Reichs der Mitte“ geführt hätte.
Der 3. Dezember 1941 gilt als Gründungstag des chinesischen Auslandsrundfunks. An diesem Tag nahm das ein Jahr zuvor vom Zentralkomitee der KP Chinas gegründete Radio Xinhua seine Sendungen in Japanischer Sprache auf. Gut 20 Minuten betrug der tägliche Sendebetrieb damals. China befand sich mitten im antijapanischen Krieg, die neuen Programme waren nicht zuletzt als Bestandteil der Kriegsführung gegen die imperialistischen Eindringlinge zu verstehen.
Die Startbedingungen waren für den jungen Sender alles andere als komfortabel. Während das Funkstudio in einer Erdhöhle untergebracht war, wurde der eigentliche Sender in einer etwas stabileren, aus Stein gebauten Höhle aufgebaut. Die Redaktion selbst befand sich an einem dritten, nicht minder bescheidenen Ort.
Ebenso instabil wie die Lokation, war auch der Sendedienst selbst. Immer wieder kam es zu situationsbedingten Ausfällen. Nach einer dreijährigen Zwangspause, in der wegen technischer Probleme nicht gesendet werden konnte, nahm der Sender seine regelmäßigen japanischen Programme erst ab dem Jahr 1946 wieder auf. Nur etwa ein Jahr später, am 11. September 1947 startete Radio Xinhua erstmals ein Programm in englischer Sprache.
Der eigentliche Aufschwung des Senders begann mit der Gründung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949. Die neue Staatsführung unter Leitung der Kommunistischen Partei China erkannte die große strategische Bedeutung eines funktionsfähigen Auslandsrundfunks. Die Meinung der Menschen im Ausland über das neue China sollte nicht gänzlich ausländischer Berichterstattung überlassen werden. Zu den bereits vorhandenen Sendungen in Japanisch und Englisch kamen nun auch die Sprachen der wichtigsten Nachbarländer hinzu. Im Jahr 1950 begannen die offiziellen Sendungen des Landes in Vietnamesisch, Khmer, Thai, Indonesisch und Koreanisch sowie in vier chinesischen Dialekten aus Xiamen, Chaozhou und Guangdong und der Sprache der Hakka-Nationalität.
„Hier ist Radio Peking“, so klang es erstmals aus deutschen Radiolautsprechern, als der Sender am 15. April 1960 unter dem Namen "Radio Peking" sein dreißigminütiges deutschsprachiges Programm mit hoher Sendeleistung nach Europa auf den Weg schickte. Zu diesem Zeitpunkt produzierte der chinesische Auslandsrundfunk täglich bereits mehr als 40 Sendestunden in über 16 Sprachen der Erde. Es waren weiterhin entbehrungsreiche Jahre für das chinesische Volk. Der „große Sprung nach vorn“ forderte noch immer seinen hohen Zoll und die bitteren Jahre der Kulturrevolution standen erst noch bevor.
Als ich damals, als fünfzehnjähriger Schüler zum ersten Mal Radio Peking hörte, war es noch in hohem Maß die Faszination, aus solch fernen Regionen der Welt Rundfunk ins eigene Haus zu holen – Direktempfang, ganz ohne fremde Mittel. Diese Motivation ist sicherlich geblieben. Hinzu kam im Laufe der weiteren Zeit immer mehr das Interesse für das Land und das Volk im Reich der Mitte. Viele wertvolle Beiträge weckten in mir das Interesse und die Faszination für Leben und Denken in China. Gerne denke ich auch noch zurück an die erste Postsendung aus dem Pekinger Funkhaus: Neben einer schönen QSL-Karte und einem roten Wimpel fand sich darin auch ein kleines rotes Büchlein mit der „Worten des Vorsitzenden Mao Tsetung“ und mehrere Exemplare der Peking-Rundschau.
Worte des Vorsitzenden Mao Tsetung, 1976
Mit der Politik der Öffnung des Landes durch Deng Xiaoping im Jahr 1978 begannen die fruchtbaren Jahre des Wandels für Radio Peking, das sich schon bald „Radio Beijing“ nannte. An dem neuen Weg blühten neue Blumen. Die Sendungen wurden bunter, die Berichterstattung vielfältiger, das Meinungsspektrum breiter. Nicht nur das produzierte Programm, sondern auch die Sendeleistung und die Übertragungsqualität verbesserten sich zusehends.
Hörertreffen in Merchweiler 2003
Die Entwicklung, die das große Land im Osten Asiens nahm, konnte ich auf diesem Weg verfolgen und es blieb schließlich auch nicht aus, dass ich eines Tages die ersten Moderatoren und Mitarbeiter des Senders persönlich kennenlernen konnte. Auf einem so genannten DX-Camp im saarländischen Merchweiler veranstaltete auch die deutsche Redaktion von Radio China International ein Hörertreffen, zu dem auch der Chefredakteur der deutschen Redaktion, Sun Jingli und dessen Mitarbeiterinnen Dou Xiaowen und Cheng Xiufen gekommen waren. Im Mittelpunkt stand damals die Präsentation des Senders und seiner Aktivitäten in deutscher Sprache. Spannende Momente waren das, erstmals im wirklichen Leben den aktiven Sprechern eines Senders gegenüber zu stehen, den man schon so viele Jahre lang gehört hat.
Weitere Treffen mit Sun Jingli und seinen Mitarbeitern sollten folgen und aus der engen Beziehung zwischen Sender und Hörer entwickelte sich auf diesem Weg eine Freundschaft fürs Leben.
Dann kam der Dezember 2004: Als mich am frühen Nachmittag der Anruf der Deutschlandkorrespondentin von CRI, Dou Xiaowen, mit der Mitteilung, ich habe den Sonderpreis im Wettbewerb um die Provinz Zhejiang gewonnen, erreichte, konnte ich es erst einmal gar nicht fassen. Ich wusste ja bereits, dass an Wettbewerben dieser Art immer sehr viele Hörer teilnehmen – wer träumt nicht davon, einmal eine Traumreise nach China unternehmen zu können. Dass es, wie ich erst später erfuhr, fast 100.000 Teilnehmer waren, übertraf meine Vorstellung aber bei Weitem.
Die Provinz Zhejiang liegt mit Ihrer Hauptstadt Hangzhou an der chinesischen Ostküste, südlich von Shanghai. Zehn Fragen galt es zu beantworten, um sich die Chance auf einen der vielen schönen Preise des Wettbewerbs zu wahren. Für diejenigen, welche die überaus informativen und interessanten Sondersendungen regelmäßig und aufmerksam verfolgt hatten, die Radio China International in diesem Zusammenhang ausstrahlte, war es nicht sehr schwierig, die gestellte Aufgabe zu bewältigen. Die Sendebeiträge lieferten viele wertvolle Informationen und Hintergrundwissen über die Provinz Zhejiang, von der ich vor diesem Wettbewerb nur recht wenig wusste.
Der Termin war kurzfristig anberaumt. Schon am 02. Januar 2005 sollte die Reise beginnen. Alles musste also schnell entschieden und organisiert werden. Nachdem kurz nach Weihnachten bereits alle Reisepapiere vorlagen, konnte ich die verbleibenden Tage noch nutzen, um letzte Informationen über China, Beijing und die Provinz Zhejiang, wohin die Reise mich führen sollte, zu sammeln. Viele wichtige Informationen hatte ich ja bereits im Rahmen der CRI-Sondersendungen erhalten.
Und so begann meine erste Reise ins Reich der Mitte, wo ich die chinesische Hauptstadt, aber auch die schöne südöstliche Provinz Zhejiang kennen lernen durfte. Selbstverständlich besuchte ich auch das beeindruckende Funkhaus und die Mitglieder der deutschen Redaktion des Senders. Aus der Reise zum West See in Chinas Südosten sollte dann auch mein erstes Buch „Im Zauber der weißen Schlange“ resultieren, das im Jahr 2010 im Pekinger Fremdsprachenverlag FLTRP erschien. Was ich damals gelernt habe: Es gibt kein anderes Land der Erde mit einer solchen Vielfalt bezaubernder Orte, schöner Landschaften, verführerischer Düfte und Klänge, aufregender Städte und warmherziger Menschen. China erfüllt das Herz eines jeden Besuchers und lässt es nie mehr los, so lange es schlägt. Das sind die Gedanken, die man niederschreiben muss, bevor sie der Gegenwart entfliehen und es sind die Eindrücke und Erinnerungen, so tief und ergreifend, dass man sie malen oder formen müsste.
Weitere Besuche in China und der chinesischen Hauptstadt sollten folgen. Alles durch das Radio – meine große Passion, meine Liebe. Beijing und Qingdao sollten die Ziele meiner zweiten Reise ins Reich der Mitte werden – keine Frage, dass im Olympiajahr 2008 auch der Besuch der bedeutendsten olympischen Stätten mit auf dem Programm stand. Auch ein Besuch in Haus meines Freundes Sun Jingli stand auf dem Programm – ebenso wie die besondere Ehre, in der Großen Halles des Volkes eine Ansprache vor hochrangigen Vertretern aus Politik, Sport und vom CRI zu halten. Eine Rede in solch einem Rahmen, vor einer solchen Kulisse und vor hochrangigen Gästen – das war für mich eine vollkommen neue, interessante Erfahrung.
Die deutsche Redaktion 2005
„60 Jahre im Paradies“ – so lautet der Titel eines Buchs über das neue China, das mein amerikanischer Freund Roberto Alvarez-Galloso geschrieben hat. Bis heute ist es der Menschheit noch an keiner Stelle der Erde gelungen, das Paradies zu errichten. Und das ist auch gut so. Wie würden wir uns fühlen in einer Welt ohne Träume, Wünsche und Hoffnungen? Solange Menschen leben, brauchen sie Hoffnung und den Willen, die Zukunft zu gestalten. Schwere Jahre der Entbehrung, der Kriege und der Fremdherrschaft lagen als schier untragbare Last auf dem chinesischen Volk, als der Vorsitzende Mao Zedong am 1. Oktober des Jahres 1949 mit der Begründung der Volksrepublik China einen qualitativ vollkommen neuen Abschnitt in der Geschichte des Reichs der Mitte begann. Nein, ein Paradies war die Volksrepublik China auch nach der Staatgründung nicht. Auch die schweren Jahre der Kulturrevolution sind noch heute vielen Chinesen gegenwärtig. Dennoch – das einst so rückständige und unterdrückte China steht heute ganz weit oben an der Spitze der wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt. Ohne die chinesische Revolution, besonders aber die Öffnung des Landes durch Deng Xiaoping wäre eine solch atemberaubende Entwicklung, wie China sie in den zurück liegenden 60 Jahren erlebt hat, ganz gewiss nicht möglich gewesen. Das China, das ich während meiner Besuche im Reich der Mitte erleben durfte, ist ein Land von großer Dynamik, in dem ebenso liebenswerte wie selbstbewusste Menschen mit beeindruckender Energie ihr Schicksal und ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen. China ist heute in den Augen der Welt ein Land der Hoffnung und des Fortschritts. Dass ich all dies lernen und verstehen konnte, verdanke ich in großem Maße dem Radiosender aus Beijing.
Bei der Preisverleihung mit Botschaftsvertreter Christian Schaal
Dann kam der 25. Oktober 2009. Die Gründung des ersten CRI-Clubs in deutscher Sprache in Freiburg i.Br. manifestierte die langjährige und enge Freundschaft vieler Hörer in Deutschland und den benachbarten Ländern zu ihrer Lieblingsradiostation in der chinesischen Hauptstadt Beijing. Eine Brücke sollte er werden, der CRI-Club – eine Brücke zwischen Hörern und Sender, eine Brücke von Hörerfreund zu Hörerfreund und zugleich eine Brücke zwischen den traditionellen Radiohörern und den so genannten „Web-Usern“, die CRI ausschließlich durch das Internet kennen, nutzen und schätzen. Ich verstehe es auch heute noch als besondere Auszeichnung, dass ich diese Brücke bauen durfte. Aus China waren u.a. der stellvertretende Intendant Ma Bohui, Direktor Sun Jingli und Vizeredaktionsleiterin Tan Lei angereist. Auch Generalkonsul Wang Xiping, die Repräsentantin des Freiburger Oberbürgermeisters, Sabine Weber-Löwe sowie über 50 CRI-Freunde aus ganz Deutschland nahmen an der Gründungsfeier teil und unterstrichen die wichtige Bedeutung des CRI-Clubs als Bindeglied zwischen China und den deutschsprachigen Ländern Europas. Der Club ist heute ein lockerer Zusammenschluss geworden, in dem man sich austauscht, informiert und ab und zu auch mal trifft – wie beispielsweise in Freiburg, Leipzig oder Berlin. In den vergangenen Jahren haben die Aktivitäten des Senders aus der chinesischen Hauptstadt nachgelassen. Auch eine Nachrichtensendung gibt es nicht mehr und die Korrespondenz des Senders ist zudem nicht mehr so stark, wie in früheren Tagen. Das schlägt sich auch in der Aktivität der Hörer und das Hörerclubs nieder. Es ist zu hoffen, dass sich das in den kommenden Jahren wieder zum Positiven verändern wird, dass auch die Kurzwelle erhalten bleibt und dass vielleicht auch wieder neue QSL-Karten an die Hörer verschickt werden können. Das wäre ein großer Wunsch nicht nur von mir, sondern von zahlreichen deutschsprachigen Hörerfreunden zum 80. Geburtstag von China Radio International.
Grußwort des Intendanten Wang Gengnian zur Gründung des ersten CRI-Clubs im deutschen Sprachraum
Es sind die lichten Augenblicke, die Blumen und die Früchte der Felder, die Sterne am Himmel und die freundlichen Begegnungen, die eine Strecke wirklich lohnend machen. Auf dem Weg in die Gedanken und Herzen seiner Hörer leistet China Radio International auch heute noch Unschätzbares: Der offene und weit gefächerte Blick auf das neue China öffnet Horizonte und bringt Menschen und Völker näher zueinander. Die Früchte dieser Arbeit sind nicht zu übersehen: Es sind die Hörer und Internetnutzer, bei denen die Bemühungen des Senders auf fruchtbaren Boden fallen: „Ni Hao“ - So fremd und ungewohnt die chinesische Sprache in westlichen Ohren auch klingen mag, die Arbeit und Beharrlichkeit trägt Früchte. Das Fremde wird vertraut, das Ferne nah, das Ungewisse zum freundschaftlich Bewegenden. Mag sein, dass der Weg, den CRI jetzt geht, nie enden mag. Und doch ist der Weg gut und gelangt zu wichtigen Zielen.
Zum 80. Jubiläum des Senders gratuliere ich sehr herzlich. Ich wünsche mir sehr, dass Radio China International und ich noch viele Jahre lang gute Freunde und Weggefährten sein werden und gemeinsam den eingeschlagenen Weg beschreiten können.
Text und Bilder von: Helmut Matt