China wird die Erkundung des Erdinneren verstärken müssen, um gewisse strategische Bedürfnisse des Landes zu erfüllen, von der Suche und Nutzung unterirdischer Ressourcen bis hin zur Vorhersage und Eindämmung von Naturkatastrophen, so die Experten.
Die seit Jahren immer populärer werdende so genannte „Deep Earth Science“ umfasst Geologie, Mineralogie, Seismologie, geothermische Energie und andere Wissenschaften, die sich mit dem Verständnis der inneren Struktur der Erde und der Nutzung ihrer Ressourcen befassen.
Verglichen mit den anderen drei Bereichen ist die Erforschung der Erdkruste ein relativ unbekanntes Gebiet, da enorme Ressourcen, Arbeitskräfte und technologischer Einfallsreichtum erforderlich sind, um die Erdkruste zu durchdringen, so die Experten. Doch seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind sich mehr Länder der strategischen Bedeutung dieses Bereichs bewusst.
Liu Jiaqi, ein Geophysiker und Mitglied der Chinesischen Akademie der Naturwissenschaften(CAS), sagte, dass die Tiefengeowissenschaften eng mit der Erschließung der Mineral- und Energieressourcen der Erde verbunden seien. Sie spielten auch eine Schlüsselrolle beim Umweltschutz und bei der Minderung der Risiken von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Vulkanausbrüchen.
„Es ist eine Wissenschaft, die das Leben auf der Erde unterstützt und erhält. Ohne sie können wir nicht gedeihen“, sagte er und fügte hinzu, dass ein langfristiges Wirtschaftswachstum stark von der Versorgung mit fossilen Brennstoffen und grundlegenden Rohstoffen abhänge, die alle durch komplexe geologische Aktivitäten entstanden seien und aus dem Boden gewonnen werden müssten.
Xu Yigang, ein Geochemiker und CAS-Mitglied, sagte, China messe der Erforschung des Erdinneren deshalb so große Bedeutung bei, weil das Land seine übermäßige Abhängigkeit von der Einfuhr von Eisen, Kupfer, Nickel, Erdöl und Erdgas verringern müsse.
„Deshalb müssen wir unsere Grundlagenforschung im Bereich der Geowissenschaften verstärken, damit wir die Ressourcen finden und abbauen können, die unser Land braucht“, sagte er.
Nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums befinden sich beispielsweise viele der weltweit größten Eisenerzminen in Australien, Brasilien und Russland. Obwohl China über die viertgrößten Roheisenerzreserven der Welt verfüge, liege der Großteil des Erzes tief unter der Erde und sei äußerst kostspielig für den Abbau und die Verarbeitung.
Im Jahr 2005 führte China seine erste wissenschaftliche Erdbohrung durch, die nach Angaben des geologischen Dienstes 5.158,2 Meter unter der Dabie-Sulu-Kollisionszone im Osten des Landes (nahe der Stadt Qingdao) erreichte. Eine derartige Bohrung soll Einblick in die Entwicklungsgeschichte von sogenannten Ultrahochdruck-Gesteinen geben. Bei diesem Projekt geht es um den geodynamischen Prozess, der zur Entstehung dieser weltweit einmaligen Gesteine geführt hat.
Damit war China nach Russland und Deutschland das dritte Land der Welt, das tiefer als 5.000 Meter bohrte.
In den vergangenen Jahren hat China seine Erkundung der Erde intensiviert, so der Geophysiker Liu. Im Jahr 2009 startete das Ministerium für Land und Ressourcen eine Forschungsinitiative, die sich mit Technologien für Tiefbohrungen in der Erde befasste. Im Jahr 2016 folgte ein weiteres großes Forschungsprogramm des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie, das sich auf die Gewinnung unterirdischer Ressourcen konzentrierte.
Chinesische Wissenschaftler planen außerdem ein neues Forschungsprojekt zur Erforschung der Erdkruste und hoffen, dass es in die nationale Liste der „Science and Technology Innovation 2030-Major Projects“ aufgenommen werde, die derzeit sechzehn konkrete Ziele umfasst, die von der Hirnforschung bis zur künstlichen Intelligenz reichen.