Das autonome Gebiet Tibet im Südwesten Chinas hat nun ein „Online-Schatzhaus“ alter Bücher für Fans der tibetischen Kultur weltweit. Als Teil der Bemühungen, die alte Kultur zu schützen, wurden bisher über 20.000 Digitalisierungen von kostbaren alten Folianten auf eine Online-Plattform der Tibet-Bibliothek hochgeladen. Folianten sind großformatige Bücher, deren Seiten etwa 29 mal 40 Zentimeter messen (ca. Din-A3-Format). Benutzer können die wertvollen Bücher kostenlos auf der Plattform suchen, kopieren und herunterladen. Sie enthalten Biographien tibetischer Gelehrter und die Geschichte Tibets und des Lamaismus vom 12. bis zum 20. Jahrhundert.
Qungda, ein älterer Einwohner in Lhasa, staunt über die Bequemlichkeit. Nachdem er mehrere Artikel auf einem Handy gelesen hat, sagt er, dass die Plattform nicht nur bequem für die Leser sei, sondern auch eine innovative Art und Weise darstelle, alte Bücher zu schützen und zu nutzen. „Es manifestiert den Schutz der traditionellen tibetischen Kultur durch den Staat“, sagt Qungda.
Der stellvertretende Direktor des Buchzentrums, Penpa Tsering, sagt: „Die wertvollen Bücher, die in diesem Jahr hochgeladen wurden, sind hauptsächlich Biographien und umfassen das Wissen der alten tibetischen Gesellschaft, Wirtschaft und Volksbräuche, die wertvolles Material für die Forschung der tibetischen Kultur und Geschichte aus verschiedenen Perspektiven und Disziplinen liefern.“ Bisher wurden die Bücher aufgrund des komplizierten Bewerbungsverfahrens nur von wenigen Gelehrten gelesen. Jetzt seien sie für globale Leser verfügbar und könnten der Gesellschaft besser dienen, fügte Penpa Tsering hinzu.
Da die wertvollen alten Bücher ein zerbrechliches Kulturgut sind, hat das Zentrum eine Reihe fortschrittlicher Techniken eingesetzt, wie z. B. das berührungslose hochauflösende Scannen, um eine Beschädigung der Originalmanuskripte zu verhindern. Experten haben außerdem spezielle Techniken zur Bearbeitung der Originalbilder in den Büchern eingesetzt, um Piraterie und andere missbräuchliche Nutzung zu verhindern. Dazu sagt Penpa Tsering: „Die Plattform wird eine führende Rolle bei der digitalen Online-Veröffentlichung alter tibetischer Bücher im Land spielen. Ich glaube, dass es in Zukunft weitere, ähnliche Plattformen geben wird, als solide Grundlage für die Erhaltung und Weitergabe der traditionellen chinesischen Kulturklassiker“.
Seit dem Probebetrieb am 25. April 2020 hat die Plattform fast 100.000 Besuche erhalten und damit einen Rekord für die Bibliothekswebseite aufgestellt. Im Jahr 2009 startete Tibet seine größte umfassende Erkundung von alten Büchern. Seitdem sind Experten in die ganze Region gereist, die mehr als 1,2 Millionen Quadratkilometer umfasst, um jedes einzelne alte Buch zu erhalten. „Es ist schwer, meine Aufregung zu beschreiben, wenn ich bei der Untersuchungsarbeit wertvolle Bücher finde und unbekannte Geschichte aus ihnen lerne“, sagt der Leiter der Abteilung für alte Klassiker am Zentrum Nyishar. Im Rahmen der Erkundungsreihe entdeckte Nyishar ein Buch, das bewies, dass die Geschichte des tibetischen Kupferstichdrucks mindestens ein Jahrhundert früher begann, als frühere Forschungen ergaben. Dazu sagt Penpa Tsering: „Nach mehr als zehn Jahren Anstrengung haben wir große Fortschritte bei der Erkundungsarbeit gemacht, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns“. Tsering zufolge erwarte das Buchzentrum auch Vorschläge und Rückmeldungen von Gelehrten und der Öffentlichkeit, um Probleme wie die digitale Identifizierung der Bücher anzugehen.
Ein lokaler Beamter Yeshe Zangpo sagt: „Tibet teilt diese wertvollen alten Bücher mit der Welt, was nicht nur das kulturelle Vertrauen Chinas widerspiegelt, sondern auch eine große Erleichterung für die Forscher der tibetischen Studien darstellt.“