Chinas erste Sonnensonde, die in Fachkreisen als Advanced Space-based Solar Observatory (ASO-S, fortschrittlicher im Weltraum befindlicher Sonnenbeobachter) bekannt ist, soll in der ersten Jahreshälfte 2022 ins All geschickt werden. Dabei handelt es sich Wissenschaftlern zufolge um die erste Mission der Volksrepublik China zur Erkundung des Zentrums unseres Sonnensystems.
Die Solarsonde wird laut chinesischen Astronomen auf einer sonnensynchronen Umlaufbahn 720 Kilometer über der Erde operieren. Als sonnensynchrone Umlaufbahn bezeichnet man eine Umlaufbahn um einen Planeten, deren Orbitalebene die gleiche Rotationsänderung erfährt wie die des Planeten beim Umkreisen der Sonne. Damit könne die Sonne rund um die Uhr wie unter einer Lupe beobachtet werden. Die ASO-S-Sonde sei für eine Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren ausgelegt, hieß es in einer Mitteilung der Sternwarte am Purpurnen Berg in Nanjing, der Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Jiangsu. Die Sternwarte untersteht der Chinesischen Akademie der Naturwissenschaften.
Zu den wissenschaftlichen Aufgaben der Solarsonde zählen in erster Linie die Beobachtung des magnetischen Felds der Sonne und das Erforschen von zwei Phänomenen: Sonnenausbrüchen und koronalen Massenauswürfen (CMEs), bei denen Milliarden von Tonnen an Sonnenmaterial in den interplanetaren Raum ausgestoßen werden. Die ASO-S-Sonde ist Wissenschaftlern zufolge mit mehreren sensiblen Messinstrumenten ausgestattet, einem Vektor-Magnetographen, einem Imager für die harte Röntgenstrahlung und einem Lyman-alpha Solarteleskop.
Bislang ist die Sonne der einzige Fixstern, der von der Menschheit genau untersucht wird. Das Meiste der Sonnenstrahlung wird von der irdischen Atmosphäre weitestgehend gefiltert und kann daher von auf der Erde stationierten Teleskopen und anderen Messinstrumenten nicht erfasst werden. Deshalb betonen die Wissenschaftler, dass man auf spezielle Sonden im Weltraum angewiesen sei, um ein vollständigeres Bild der Sonne erstellen zu können. Die erlangten Erkenntnisse würden dann wiederum die Grundlage für weitere Untersuchungen schaffen.
Wissenschaftlern zufolge polt sich etwa alle elf Jahre das Magnetfeld der Sonne um. Im selben Zeitraum erreicht die Sonnenaktivität ein Maximum. So geht man davon aus, dass es voraussichtlich im Jahr 2025 zur nächsten maximalen Sonnenstrahlung kommt. Die ASO-S-Sonde sei in der Lage, so Gan Weiqun, einer der Forscher bei der Sternwarte, die Sonnenaktivitäten während dieses Zeitraums genau zu erfassen.
Laut Gan ist die ASO-S überdies imstande, die Vorhersage der solaren Strahlung, auch „Weltraum-Wetter“ genannt, deutlich zu verbessern. So könnten die koronalen Massenauswürfe mindestens 40 Stunden vor ihrem Erreichen der Erde beobachtet werden. Durch die damit verbesserte Frühwarnung könnten voraussichtlich die Schäden durch den starken elektromagnetischen Impuls auf der Erde verringert werden, so Gan.
Seit den 1960er Jahren wurden weltweit mehr als 70 Solarsonden ins All geschickt. Die ASO-S wird Wissenschaftlern zufolge Chinas Lücke in diesem Bereich schließen.