„Um reich zu werden, muss man zuerst Straßen bauen“, so lautet ein Slogan seit Beginn der Reform und Öffnung Chinas Ende der 1970er Jahre. Die Menschen in Henan haben ein dichtes Straßennetz aufgebaut. Solche Wohlstandswege verteilen sich wie feinste Verästelungen eines Blutgefäßsystems auf der zentralchinesischen Ebene – entweder hängen sie in der Mitte von steilen Felsenwänden, schlängeln sich auf Bergspitzen oder überspannen Flüsse und Seen.
Das Dorf Guoliang im Kreis Huixian, Provinz Henan, zieht jedes Jahr über 1,3 Millionen Touristen an. Viele von ihnen kommen hierher wegen der bekannten Tunnelstraßen im Taihang-Gebirge.
Die Bewohner des Dorfes Guoliang haben 1972 begonnen, in die steile Felsenwand des Taihang-Gebirges eine Tunnelstraße zu meißeln, um aus den Bergen herauszukommen. Es dauerte fünf Jahre, bis die 1300 Meter lange Tunnelstraße fertiggestellt war.
Solche Tunnelstraßen gibt es noch viele im Taihang-Gebirge. Sie durchbrechen nicht nur die Isolation von der Außenwelt, sondern gelten auch als ein wertvolles touristisches Angebot.
Die Landstraße Linshi war die einzige Landstraße in der Provinz Henan, die für die vom Verkehrsministerium organisierte Auswahl der „Top 10 schönsten Landstraßen in ländlichen Regionen 2019” nominiert worden war. Erbaut wurde die Landstraße von Bewohnern des Dorfes Shibanyan im Jahr 1997. Sie gilt als der einzige Weg für die Dorfbewohner, die Außenwelt zu erreichen.
„Ohne diese Straße würde es mindestens einen Tag dauern, um zum Markt außerhalb des Berges zu gelangen. Jetzt kann man die Stadt Linzhou innerhalb von nur einer halben Stunde erreichen”, erzählt Wang Fuchang, ein Verantwortlicher vom Dorf Shibanyan.
Aufgrund des günstigen Verkehrs konnte sich die Landschaft im Dorf Shibanyan allmählich einen Namen machen. Das einst von der Außenwelt abgeschnittene Bergdorf ist heute eine Attraktion für Urlaubsreisen geworden – besonders für Landschaftsmaler: Ende 2019 wurden in der gleichnamigen Gemeinde täglich 14.000 Skizzenmaler registriert. Dadurch wurden knapp 5.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. 276 Menschen aus 155 armen Haushalten haben davon profitiert.
Henan ist eine wichtige Agrarprovinz in China. Der Bau von Landstraßen spielt eine wichtige Rolle für die Entwicklung der ländlichen Industrie sowie für die Einkommenssteigerung der Landwirte.
Statistiken des Henaner Amts für Verkehr und Transport zufolge lag 2019 die Gesamtlänge der Landstraßen in der Provinz bei 270.000 Kilometern, 230.000 davon liegen auf dem Land.
Allein 2019 wurden in Henan über 10.000 ländliche Landstraßen neu- bzw. umgebaut oder erweitert.
Offiziellen Angaben zufolge haben sich 687.000 Menschen und 1169 Dörfer im vergangenen Jahr von der Armut befreit. Bis Ende Februar dieses Jahres haben die letzten 14 von Armut betroffenen Kreise der Provinz die Armut erfolgreich beseitigt.
Die Modelle “Landstraßen plus Industrien” oder “Landstraßen plus Tourismus” haben den Bergbewohnern zum Wohlstand verholfen. Die Landstraßen haben dabei die Rolle eines “Beschleunigers” für den Aufschwung ländlicher Regionen gespielt.