„Wir haben Dante, Shakespeare und Du Fu (712-770). Diese Dichter schaffen genau die Werte, nach denen Poesie beurteilt wird.“ Dies merkte der Harvard-Professor Stephen Owen in „Du Fu: Chinas Größter Dichter“ an, einer kürzlich ausgestrahlter BBC-Dokumentation.
Obwohl Du Fu von Sinologen aus aller Welt normalerweise in einem Atemzug mit Virgil, Dante und Shakespeare genannt wird, ist der chinesische Dichter aus der Zeit der Tang-Dynastie, dessen Werke im ostasiatischen Kulturkreis als unvergänglich betrachtet werden, in der westlichen Welt noch immer weitgehend unbekannt.
Doch mit „Du Fu: Chinas Größter Dichter“, dem ersten englischsprachigen Dokumentarfilm über den Dichter, können dem westlichen Publikum mehr literarische Geheimnisse rund um Du Fu selbst, seine Gedichte und auch seine Lebzeiten enthüllt werden.
Inspiriert durch das gleichnamige Buch von William Hung aus dem Jahr 1952, besuchte Michael Wood, ein versierter Fernsehhistoriker, der auch andere China-bezogene Dokumentationen wie The Story of China (2016) und The Story of Chinas Reform and Opening Up (2018) geleitet hat, das Heimatland von Du Fu, um die Schritte von dem Dichter zurückverfolgen zu können. Auch der remmonierte britischer Schauspieler Sir Ian McKellen, dessen Interpretationen von Shakespears Werken die Welt in den Bann gezogen haben, wurde eingeladen, in dem einstündigen Dokumentationsfilm elegante und meditative Vorträge von 15 ins Englische übersetzten Gedichten von Du Fu zu geben.
Vom Gelben Fluss bis zu den Schluchten am Yangtze und hinunter zu den bewaldeten Hügeln in der Provinz Hunan - In China ging Michael Wood auf Entdeckungsreise. Zu seinen Zielen zählten vor allem der Kreis Gongxian, der Geburtsort von Du Fu, in der Provinz Henan, die einstige Hauptstadt der Tang-Dynastie (618-907) Chang'an, die heutige Stadt Xi'an, und die strohgedeckte Hütte von Du Fu in der südwestchinesischen Stadt Chengdu.
Unterwegs traf er sich mit gewöhnlichen Menschen, Tänzern und Musikern, die ihm die zauberhafte Geschichte über den Dichter Du Fu erzählten.
Geboren im Jahr 712 lebte Du Fu unter der Herrschaft des Kaisers Xuanzong (713-756) zur Zeit der Tang-Dynastie. Diese Regierungszeit war durch außerordentlichen Wohlstand, Inklusivität und kulturelle Errungenschaften gekennzeichnet. Aber wegen der Rebellion von An Lushan, einem einflussreichen Garnisongeneral von der nordöstlichen Grenze des Reiches, vollzog sich in der Tang-Dynastie eine Kehrtwende. Trotz seiner eigenen Höhen und Tiefen hörte der Dicht nie auf, Gedichte zu schreiben. In seinen über Jahrhunderte nachhallenden Schriften drückte Du Fu seine politischen Ansichten nach konfuzianischen Idealen aus und beschrieb den Schmerz einfacher Menschen, die in Krieg, Korruption, Hungersnot und Naturkatastrophen verstrickt sind.
Laut Zhang Tongdao, Direktor des Doukentationszentrums an der Beijinger Pädagogischen Universität, deutet der Dokumentarfilm des BBC auf eine breitere Akzeptanz der altchinesischen Literatur in der westlichen Welt hin. Zudem zeigt der britische Fernsehsender damit auch seine stärkere Bereitschaft, mit der orientalischen Kultur kommunizieren zu wollen.
„Die Größe Du Fu's hat die Grenzen von Zeit und Raum überschritten“, so beschreibt Shikan, eine chinesische Lyrikzeitschrift, die Dokumentation von BBC. Auf der Basis des gleichnamigen Buches von William Hung hat der Dokumentarfilm die historischen Fakten getreu wiedergegeben.
Zeng Xiangbo, Professor für altchinesische Literatur an der Renmin-Universität, erklärte: „Das chinesische Volk schätzt die Aufzeichnung der Geschichte sehr. Du Fu ist besser als jeder andere, die Geschichte in seinen Gedichten zu erzählen, denn die historischen Ereignisse haben sich in seinem eigenen Leben und seiner spirituellen Reise widergespiegelt.“