„Ich lehre seit über 30 Jahren Malen. Das ist wirklich das erste Mal für mich, den Unterricht online abzuhalten. Vor dieser Herausforderung zu stehen war ehrlich gesagt alles andere als beruhigend für mich. Ich wurde schon ein wenig nervös“, schrieb Professor Huang von der Kunstakademie in der südwestchinesischen Provinz Sichuan.
Die Coronavirus-Pandemie hat die Normalität in allen erdenklichen Bereichen der Gesellschaft erschüttert. Wegen der Schulschließungen, einschließlich der Hochschulen, muss seit Monaten alles über das Internet und von Bildungseinrichtungen betreute Lern-Apps laufen. In normalen Zeiten konzentrierten sich die Kurse von Professor Huang hauptsächlich darauf, die Fähigkeiten der Studentinnen und Studenten durch Kopieren alter Meister in der traditionellen Porträtmalerei zu trainieren. Um den neuen Anforderungen im epidemiebedingten Notbetrieb gerecht zu werden, hat Professor Huang gemeinsam mit seinen Kollegen verschiedene Herangehenweisen ausgearbeitet. Dazu gehören unter anderem Unterricht in Form von Live-Videostreams, Powerpoint und Video-basierte Maltechnik-Demonstrationen.
Neben Lehrmethoden und technischen Möglichkeiten müssten sich die Lehrkräfte auch noch um zahlreiche unerwartete Unzugänglichkeiten und Schwierigkeiten kümmern, da die Kunstmalerei schließlich ein hohes Maß an kollektiver Praxis der Lernenden erfordere. Beim Online-Unterricht fehlt es Professor Huang zufolge an derartiger kunstschaffenden Atmosphäre, die in normalen Zeiten im Klassenraum herrschte. So müsse man unter den gegenwärtigen Umständen danach streben, die Expertise der Lehrer und die Neugier der Studentinnen und Studenten mit der neuen Form des Lernens zu verbinden. Ziel sei es, Interesse und Enthusiasmus der Studierenden zu wecken und sie zum Mitmachen anzuregen, so Professor Huang.
Die Bemühungen der Lehrkräfte haben sich inzwischen erfreulicherweise ausgezahlt. Die Lehrveranstaltungen per Online-Fernlehre haben sich nach monatelanger Praxis als entspannt und reibungslos erwiesen.
Fang Shuhong, der stellvertretende Rektor der Fakultät für bildende Kunst und Design an der Chinesischen Kunstakademie, führt den bislang bewährte Online-Studienverlauf in fast allen Kunsthochschulen des Landes in erster Linie auf die sorgfältigen Vorbereitungen der Lehrkräfte zurück. Als Beispiele dafür nannte er konkrete Bemühungen mehrerer Lehrer, sei es hinsichtlich der Analyse und Auswertung der individuellen Fähigkeiten einzelner Lernender, sei es für eine möglichst bessere Nutzung der Zeit durch die Studenten, die während der Epidemie zu Hause bleiben müssen.
Professor Qiu Zhijie ist Direktor des Instituts für Experimentelle Kunst an der Zentralen Kunstakademie Chinas. Nach dem Ausbruch der COVID-19-Epidemie hat er das Online-Seminar „Soziale Brennpunkte als Bildmotive“ eröffnet. Dabei gehe es sowohl beim Lehrinhalt als auch bei den Schulaufgaben ausschließlich um die Motive, die mit dem Kampf gegen die Pandemie und mit der sozialen Distanz zusammenhängen sollten. So können die Studentinnen und Studenten von allen im Zuhause verfügbaren Gegenständen - darunter Möbel, Kleidung, Blumen und Obst - Gebrauch machen und daraus ihr Werk erschaffen. Dadurch würden sowohl die Motive als auch die kreativen Ideen der Studenten, die seit Monaten von der Außenwelt isoliert sind, in gewissem Maße bereichert, meinen viele Kunstlehrer.