Ein chinesisches Sprichwort lautet: "Wer jedes Jahr Morcheln isst, kann im Alter von 80 Jahren noch bergauf gehen.“ Die Morchel zählt zu den vier weltweit bekanntesten Speisepilzen und wird vielerorts als „Königin der Pilze“ betrachtet. Offiziellen Statistiken zufolge haben die Morcheln aus China einen Anteil von über 99 Prozent auf dem Weltmarkt. Die Speisepilze werden hauptsächlich im Inland verkauft, aber auch teilweise nach Europa und in die USA exportiert.
Die Provinz Qinghai in Nordwestchina zähle zu Chinas Regionen, in denen man wilde Morcheln finden könne, sagt Sa Wei, Leiter des Forschungsteams für Speisepilze an der Qinghai Universität, der zugleich auch Vizedirektor des universitären Instituts für Entwicklung neuer Dörfer ist. Durch das im Mittel eher kalte Klima sei die Region für Anbau dieses Speisepilzes sehr geeignet, sagt der Pilzwissenschaftler. Da Morcheln schnell wüchsen und sich einfach anbauen ließen, seien sie für die Entwicklung der nachhaltigen Landwirtschaft und Armutsbekämpfung in der Provinz Qinghai von großer Bedeutung.
Seit 2015 hat ein Doktorandenteam unter Leitung von Sa Wei erforscht, wie Morchel in der Region ertragsfähig kultiviert werden können. Zunächst sammelten die jungen Wissenschaflter Proben von wilden Morcheln in der ganzen Provinz. Durch Isolation von Gewebe und Sporen der Proben reinigte man dann eine Gruppe von Mutterpflanzen. Um eine für den künstlichen Anbau geeignete Pilzart züchten zu können, setzten sich Sa Wei und ihre Kollegen während der Kultivierung von Mutterpflanzen auch die Mutagenese ein. Dabei werden im Erbgut von Lebewesen künstlich Mutationen erzeugt, um eine größere Vielfalt erreichen und dann Lebewesen mit den erwünschten Eigenschaften auswählen zu können. Nach diesem Schritt wurden die ausgewählten Mutterpflanzen getestet.
Der Versuch des Forschungsteams für Speisepilze an der Qinghai Universität war erfolgreich. Nun hat sich der Morchelanbau zu einem neuen Industriezweig in der Provinz Qinghai entwickelt, der den armen Bauern aus der Armut helfen kann. Denn bei der Verbreitung des Morchelanbaus haben Sa Wei und seine Kollegen darüber nachgedacht, wie möglichst viele arme Familien davon profitieren können. Um dieses Ziel zu erreichen, begaben sich die Experten der Qinghai Universität zu agrarwissenschaftlichen Beratungen in mehrere Gemüsegewächshäuser, wo die Morcheln angebaut werden sollten. Dort konnten die lokalen Bauern sich von den Experten beraten lassen, mehr Kenntnisse erwerben und selbst entsprechende Anbautechniken ausprobieren. Durch derartige technische Hilfsmissionen wurden Bauern, dazu auch viele aus armen Familien, zum Morchelanbau inspiriert und motiviert. Zudem sind Sa Wei und sein Team bereit, rund um die Uhr per Telefon bzw. Wechat alle Fragen zum Morchelanbau zu beantworten.
Neben der wissenschaftlich-technischen Unterstützung bemüht sich das Team von Sa Wei auch darum, die Entwicklungsidee für eine nachhaltige Entwicklung zu verbreiten. Zum Beispiel hat man vorgeschlagen, die Einsätze von Pestiziden und Düngemitteln zu reduzieren. Sa Wei erklärte dazu, dass kurzfristig die Ernte dann wahrscheinlich geringer ausfallen werde, aber langfristig gesehen könne dadurch die Qualität der Morcheln erhöht werden. Denn die Bodenbedingungen würden dadurch geschützt und das Ökosystem verbessert. Eine nachhaltige Entwicklung sei der Weg für die Bauern, sich aus der Armut zu befreien und Wohlstand zu erlangen.
Inzwischen kooperiert das Forschungsteam für Speisepilze an der Qinghai Universität mit vielen lokalen Unternehmen in der Provinz. Ziel ist es, eine wissenschaftliche Entwicklung des Morchelanbaus in Qinghai zu verwirklichen. Die Morchel ist nun eine gute Möglichkeit für lokale Bauern und Unternehmen in der Region, um Geld zu verdienen.