Deutschlands industrielle Basis schrumpft angesichts zunehmender Unternehmensschließungen, vor allem in forschungsintensiven Industrien, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform und des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hervorgeht.
Im Jahr 2023 schlossen in der größten europäischen Volkswirtschaft rund 176.000 Unternehmen, was einem Anstieg von 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Studie zeigt, dass die meisten Schließungen "still und leise" erfolgten, nur 11 Prozent waren Folge einer Insolvenz.
Während der Trend im Einzelhandel und bei den konsumnahen Dienstleistungen leicht rückläufig war, stiegen die Schließungen im Baugewerbe und im verarbeitenden Gewerbe um 2,4 Prozent beziehungsweise 8,7 Prozent. In forschungsintensiven Industrien wie der Pharmaindustrie und dem Maschinenbau lag der Anstieg sogar bei 12,3 Prozent.
"Verwaiste Ladenlokale und leere Schaufenster treffen die Menschen in ihrer Umgebung wirtschaftlich und auch emotional. Die Schließungen in der Industrie aber treffen den Kern unserer Volkswirtschaft", sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform.
Die Auswirkungen auf forschungsintensive Branchen seien aufgrund stagnierender Neugründungen besonders gravierend. "Wenn der Bestand nicht nachwächst, steigt die Zahl der Schließungen überproportional", sagte Sandra Gottschalk, Senior Researcher beim ZEW.
Vor dem Hintergrund hoher Energie- und Arbeitskosten bemüht sich Deutschland intensiv um ausländische Investitionen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) berichtet jedoch, dass die Nettoinvestitionsabflüsse in den letzten drei Jahren stetig zugenommen haben.
Große deutsche Industrieunternehmen wie Bosch und Continental haben in den letzten Monaten einen erheblichen Stellenabbau angekündigt. Der US-Autobauer Tesla, der seine Produktion in der Nähe von Berlin eigentlich ausbauen wollte, beabsichtigt, in seiner einzigen europäischen Gigafactory 400 Arbeitsplätze zu streichen.
"Derzeit bestimmen Turbulenzen bei prominenten und großen Unternehmen die Diskussion um eine mögliche De-Industrialisierung", sagte Creditreform-Experte Hantzsch. "Das leise Sterben vieler kleinerer Betriebe und hochspezialisierter Unternehmungen ist aber mindestens genauso folgenschwer", warnte er.
Quelle: german.news.cn