Endlich ist es soweit: Zum ersten Mal nach seiner Wiederwahl zum bayerischen Ministerpräsidenten reiste Markus Söder mit einer Delegation nach China und als erste Station wählte er Sichuan, die wirtschaftlich stärkste Provinz im Landesinneren und die dritte Partnerregion Bayerns in China. Der offizielle Anlass war die Unterzeichnung der Vereinbarung zur Bekräftigung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Sichuan und Bayern und die Tatsache, dass Söder von Parteisekretär Wang Xiaohui und Gouverneur Huang Qiang gemeinsam – der Doppelspitze der Provinzführung also – empfangen wurde, zeigt schon deutlich genug, welch hohe Bedeutung man einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit Bayern beimisst. Das Gespräch, bei dem ein breites Themenspektrum von Wirtschaft und Handel über Wissenschaft und Forschung bis hin zu Fußball und Pandas angesprochen wurde, verlief ausgesprochen konstruktiv. Das Bankett war wie immer auf höchstem kulinarischem Niveau. Es herrschte, kurz gesagt, eine durchaus freundschaftliche Atmosphäre.
Schon im Vorfeld hatte Söder erklärt, er wolle Real- statt Moralpolitik machen und Türen öffnen für bayerische Unternehmen. In der Tat sind zahlreiche Großkonzerne in Sichuan mit gutem Erfolg unterwegs, etwa die Siemens AG, die hier das größte digitale Werk in China und ein riesiges F&E-Zentrum eingerichtet hat. Denn die Provinz ist ja, wie Söder es gelegentlich nennt, ein „rising star“ mit enormem Potential: Innerhalb von nur zwei Jahren stieg das Bruttoinlandsprodukt der Provinz bewundernswerterweise von fünf Billionen Yuan RMB auf sechs Billionen Yuan RMB.
Aber nicht nur profitieren Siemens, BMW, Audi, Adidas und Co von dem rasanten Wachstum Sichuans. Mehrmals betonte Söder, dass er sich für Mittelständler einsetzen wolle, damit auch sie zum Zuge kämen. Daher stand auf dem Tagesprogramm ein Besuch der Teststrecke der Magnetschwebebahn, die die bayerische Firma Max Bögl in Zusammenarbeit mit ihren chinesischen Partnern gebaut hat. Hier in der Provinzhauptstadt Chengdu soll eine neue Generation der Transrapid-Technologien entwickelt werden, die auch für Alltagsszenarien, wie den Berufsverkehr, geeignet sind.
Hightech-Unternehmen aus dem Freistaat dürfen sich deshalb besonders auf weitere Marktchancen im Südwesten Chinas freuen. Sowohl Sichuan als auch Bayern setzen verstärkt auf zukunftsfähige Technologien, wie Künstliche Intelligenz oder Luft- und Raumfahrt und es ist durchaus vorstellbar, dass aus der Partnerschaftsvereinbarung fruchtbare Kooperation zwischen den Hochschulen, Forschungseinrichtungen und weiteren Innovationsträgern auf vielfältigen Ebenen hervorgeht.
Wie Söders China-Reise in Berlin aufgenommen wird, bleibt noch abzuwarten, aber es meldeten sich schon erste kritische Stimmen. Jedoch hat sich der CSU-Vorsitzende offenbar nicht von ihnen beirren lassen und schätzt China weiterhin als einen langfristigen Partner ein, genauso wie sein Vorgänger und Idol Franz Joseph Strauß, der 1975 noch vor dem SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt Mao Zedong in China traf. Mag die Ampel reagieren wie sie will, eins steht fest: An Bayern-Begeisterung mangelt es in China nicht. Denn nach wie vor ist der FC Bayern München der mit Abstand beliebteste deutsche Fußballverein unter den chinesischen Fans. Auch im Reich der Mitte ist also der Stern des Südens herzlich willkommen.
Dr. Mao Mingchao, Assistant Professor der Peking Universität