Es würde den Rahmen sprengen, eine komplette Liste all jener Probleme zu erstellen, mit denen die USA im heiklen Wahljahr 2024 konfrontiert sind. Ja, es geht rund im Land, das in den letzten Jahren vom "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" zum Land der grenzenlosen Probleme verkommen ist.
Das Budget steht auf wackeligen Beinen, das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch, Millionenstädte wie Philadelphia werden angesichts des nicht mehr in den Griff zu kriegenden Problems mit tödlichen Designerdrogen zu Geisterstädten, die Gewaltbereitschaft und die sozialen Unruhen nehmen dramatische Dimensionen an.
Dann wäre da noch das Duell um die Macht zwischen Donald Trump und Joe Biden und die grausam anmutende Unsicherheit, die damit verbunden ist. Und: Die Zeiten der globalen Allmacht, auf der das schier unerschütterliche US-Selbstbewusstsein über Jahrzehnte aufbaute, sind auch vorbei. Im Gegenteil: Washington bläst heftiger Gegenwind ins Gesicht. Der US-Dollar als Leitwährung wankt, die Bündnispartner in der NATO, bei den G7 und G20 werden unruhig und immer öfter sehen sich die USA mit dem Vorwurf konfrontiert, außenpolitisch vom Bewacher zum Aggressor geworden zu sein.
Laut einer CGTN-Online-Umfrage sehen 93,88 Prozent der weltweit Befragten die USA so, dass sie durch das Drehen an der Eskalationsschraube und das Provozieren von Kriegen auf globaler Ebene Profite machen.
Was auch schwer von der Hand zu weisen ist. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, die Konfrontation zwischen Israel und der Hamas, die Auseinandersetzung mit den Houthi-Rebellen und viele andere militärisch ausgetragene Konflikte unter dieser Sonne sorgen für Tausende Tote. Für Schäden in Billionen-Höhe. Und für Einnahmen in den USA.
Die weltweit größten Rüstungskonzerne, angeführt von Lockheed Martin verzeichnen Gewinne in Milliardenhöhe. US-Finanzministerin Janet Louise Yellen sagt Danke.
Das Militärbudget der USA lag im Jahr 2023 bei fast 890 Milliarden Dollar - mehr als das Zehnfache des gesamten Staatshaushalts von Ungarn. Krieg, Waffen und (so unmenschlich das auch klingen mag) das Töten von Menschen ist leider noch immer ein florierendes Geschäft (für die USA).
Berechnungen zu Folge kostet jedes Stück einer Patriot PAC3-Rakete je nach Variante zwischen 3,4 und 8 Millionen Euro. Jeder Panzer, den die USA verkaufen, spielt rund 17 Millionen Euro in die Kasse und selbst jeder einzelne Schuss aus einem Panzerrohr wird mit etwa 13.000 Euro berechnet.
Die nackten Zahlen liegen am Tisch und so lange keine ernsthaften Versuche von Seiten der USA und von Seiten der NATO unternommen werden, die Krisenherde, deren es zweifelsfrei zu viele gibt in Tagen wie diesen, zu befrieden, wird der Vorwurf im Raum stehen, mit Krieg, Zerstörung und Tod Geld zu verdienen.
Vor allem der Blick zum russisch-ukrainischen Grenzkonflikt stimmt kritisch. Die USA, die NATO, die EU - allesamt wollen sie die Ukraine (die ihrerseits tief im Korruptionssumpf steckt) im Kampf gegen Russland aufrüsten. Immer wieder reden die NATO und die USA davon, Vladimir Putin und die russische Armee militärisch besiegen zu wollen, oder besiegen zu müssen. Ernsthafte Versuche, diesen und die anderen Konflikte vom Schlachtfeld auf den Verhandlungstisch zu verlagern, gibt es aus der Richtung der USA nicht. Und so lange es die nicht gibt, so lange wird der Vorwurf der amerikanischen Kriegsgeilheit im Raum stehen. Und der Vorwurf, über den Umweg der Belebung der Rüstungsindustrie die marode Wirtschaft zu sanieren. Das wird so nicht funktionieren und die USA werden - so sie nicht, was ja immer noch möglich und wünschenswert wäre, einlenken - früher oder später lernen und akzeptieren müssen, dass sich auf dem Unglück anderer nicht das eigene Glück aufbauen lässt.
MARTIN SÖRÖS, FREIER JOURNALIST AUS ÖSTERREICH