In den vergangenen drei Jahrzehnten wurden in verschiedenen Forschungsbereichen konzertierte Anstrengungen unternommen, um Wärmeverluste zu minimieren. Grüne Architektur, die Energie spart und Kohlenstoffdioxidemissionen reduziert, bietet eine Lösung.
Ren Jun, Professor an der Fakultät für Architektur der Tianjin-Universität, der im Dezember 2019 das erste Beinahe-Nullenergiehaus in China entworfen hat, sagt: „Man kann Nischentechnologien nutzen, um energiesparende und umweltfreundliche Häuser auf dem Land in Nordchina zu bauen, aber wenn die Innenausstattung und die Umweltqualität nicht den Anforderungen der Bewohner entsprechen, sind diese Häuser nicht zum Wohnen geeignet.“
Das Beinahe-Nullenergiehaus im Dorf Banbidian im Bezirk Daxing im Süden von Beijing wurde im Januar 2022 von den Vereinigten Staaten mit dem International Design Award ausgezeichnet. Es wurde von den Einheimischen gemietet. Das 400 Quadratmeter große Haus, das am Eingang des Dorfes steht, wird mit Solarstrom betrieben, der von Dachpaneelen gesammelt wird und zusätzlich mit einer kleinen Menge Strom aus dem Netz.
Im Jahr 2019 hatte ein von der städtischen Kommission für Wissenschaft und Technologie Beijings ins Leben gerufenes Finanzierungsprojekt Ren die Möglichkeit gegeben, sein Ziel zu erreichen. Seine Vision, grüne Architektur landesweit zu fördern, wurde auch bei der Gestaltung des Hauses in Daxing berücksichtigt.
Ren sagt, das erste Hindernis für die Energieeinsparung in dem Haus sei die Wärmespeicherung gewesen, die er durch eine bestimmte Innentemperatur zu erreichen versucht hätte. Das Haus sei in fünf Bereiche unterteilt: einen „Solargarten“ im Vorgarten, einen zentralen Aufenthaltsraum, einen Wasserhof, eine Schwammzone und ein Hinterzimmer. Für die Außenwände habe er drei Arten von Isolierung, darunter Kunststoffschaum, genutzt, die jeweils etwa 25 Zentimeter dick seien. Sogar das Erdgeschoss sei aufgegraben und mit Dämmmaterial gefüllt worden.
Als Wohnort muss das Haus einiges wegstecken. Die Bewohner wünschen sich das ganze Jahr über eine konstante, angemessene Temperatur, eine moderate Luftfeuchtigkeit und frische Luft. Beijing ist jedoch für seine vier verschiedenen Jahreszeiten mit kalten Wintern und heißen Sommern bekannt. Ren entschied sich für Passivhausfenster, die die Wärme effektiv zurückhalten. Passivhäuser sind energieeffiziente Gebäude, die die Anforderungen des Passivhaus-Instituts erfüllen. Die in den 1990er-Jahren in Deutschland entstandene Passivhaus-Bewegung hat sich zu einem einflussreichen Maßstab für Energieeinsparungen und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes entwickelt.
Ren überlegte auch, wie er die Emissionen des Hauses in den Griff bekommen könne. Er entschied sich für den Einbau eines Ventilators, der in jedem Raum des Hauses verunreinigte Luft absaugt und durch Frischluft von außen ersetzt. Durch die Rückgewinnung der Innenraumwärme und die Verringerung des Stromverbrauchs wird ebenfalls Energie gespart. Darüber hinaus bilden die Bäume und Pflanzen im Garten des Hauses eine natürliche Kohlenstoffsenke, die Kohlenstoffdioxid absorbiert. Ren sagt, es werde drei bis fünf Jahre dauern, bis in chinesischen Städten mehr Niedrigstenergie- oder Fast-Nullenergiegebäude entstehen würden.
In einigen europäischen Ländern, vor allem in den nordeuropäischen Staaten, werden Niedrigstenergiegebäude bereits intensiv gefördert. In Freiburg produziert eine emissionsarme Kohlenstoffsiedlung sogar genug Energie, um die umliegende Nachbarschaft zu versorgen.
Einem im September veröffentlichten Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen zufolge ist der Bausektor mit 37 Prozent der bei weitem größte Verursacher von Treibhausgasemissionen.
In China sei der Bausektor landesweit für fast 51 Prozent der Kohlenstoffemissionen verantwortlich, so ein Branchenbericht der China Association of Building Energy Efficiency aus dem Jahr 2021.
Ren sagt, die Kohlenstoffemissionen im Bausektor machten etwa 50 Prozent der zehn Milliarden Tonnen der Emissionen pro Jahr in China aus. „Wenn alle Gebäude in China einen Energieverbrauch von nahezu Null erreichen, geschweige denn einen Null-Energieverbrauch, dann könnten die fünf Milliarden Tonnen Kohlenstoffemissionen im Bausektor um 60 Prozent reduziert werden, was ein relativ objektives Ziel ist und sich auf die gesamten Kohlenstoffemissionen im Land auswirken würde.“