US-Präsident Donald Trump hat das Pentagon aufgefordert, bis Ende September fast 10.000 US-Soldaten aus Deutschland abzuziehen. Dies berichteten US-Medien am Freitag. Das „Wall Street Journal“ zitierte am selben Tag eine Reihe von US-Regierungsbeamten mit der Aussage, dass die Trump-Regierung plane, 9.500 der derzeit 34.500 US-Soldaten in Deutschland abzuziehen. Dieser plötzliche Rückzugsplan löste sofort ein großes Echo in beiden Ländern aus.
Seit Trump an die Macht gekommen ist, verfolgen die Vereinigten Staaten bei ihren Außenbeziehungen die Politik „America First“. Selbst gegenüber den engsten Verbündeten auf der anderen Seite des Atlantiks machen die USA keine Zugeständnisse. Sie haben Abkommen gebrochen und sich aus verschiedenen Organisationen zurückgezogen, was die großen europäischen Länder wie Deutschland und Frankreich zu Klagen veranlasst hat. Berichten zufolge hatten US-Präsident Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Telefonat vor kurzem einen heftigen Streit über die Beziehungen zu China, die iranische Atomfrage, die NATO-Militärausgabenquote und die Erdgaspipeline „Nord Stream 2“. Merkel lehnte auch das Einladungsschreiben der US-Regierung zum G7-Gipfel höflich ab, was Trump sehr wütend machte.
Paradoxerweise informierte die US-Regierung Deutschland nicht wie gewöhnlich über den Abzug der US-Truppen, bevor sie den Befehl erteilte. Dieser ungewöhnliche Schritt hat Kritik aus allen Gesellschaftsschichten in Deutschland hervorgerufen. Reuters kommentierte, Trumps Schritt könne die europäischen Verbündeten dazu veranlassen, sich über die Zuverlässigkeit des US-Engagements Sorgen zu machen.
Donald Trump hat Deutschland seit seinem Amtsantritt mehrfach vorgeworfen, den Anteil seiner Militärausgaben am BIP nicht auf zwei Prozent gesteigert zu haben. Deutschland habe damit immer eine Erhöhung des Anteils der Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten verhindert. Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, sagte im August des vergangenen Jahres: „Es ist wirklich eine Beleidigung, dass US-amerikanische Steuerzahler kontinuierlich für die mehr als 50.000 US-Amerikaner in Deutschland die Kosten tragen, während Deutschland seinen Handelsüberschuss für inländische Ziele genutzt hat.“ In der iranischen Atomfrage haben mehrere Länder wie Deutschland und Frankreich nach harten Bemühungen ein Abkommen mit allen Seiten geschlossen. Die USA sind aufgrund der Leichtsinnigkeit von Donald Trump jedoch aus dem Abkommen ausgetreten, was Deutschland und Frankreich in Verlegenheit versetzt hat. Darüber hinaus haben die USA nach allen Kräften das von Deutschland und Russland gemeinsam finanzierte Erdgas-Pipeline-Projekt „Nordstream 2“ verhindert. Das Projekt, das eigentlich Ende 2019 fertiggestellt werden sollte, ist dadurch noch immer nicht vollendet worden.
Angesichts der aktuellen Situation lassen sich die Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den USA über die Stationierung der US-Truppen in Deutschland kaum lösen. Deutschland wirft seinen Blick aber auch in eine andere Richtung. Der deutsche Bundesaußenminister Heiko Maas sagte vor kurzem vor der Presse, der im September anberaumte EU-China-Gipfel werde terminmäßig stattfinden. Es gebe viele wichtige Themen, die Deutschland mit China erörtern wolle. In einem Beitrag auf der Webseite der Zeitschrift „Der Spiegel“ am 30. Mai hieß es, Bundeskanzlerin Angela Merkel wolle als turnusmäßige EU-Vorsitzende engere Verbindungen mit Beijing pflegen. Merkel sagte außerdem, die Beziehungen mit China müssten zu einem diplomatischen Schwerpunkt werden. Sie seien nicht nur auf den Bereich Handel beschränkt. Man solle die Entschlossenheit haben, anzuerkennen, dass China in internationalen Institutionen eine wichtige Position innehabe. Bei Klimawandel, Umweltschutz sowie Gesundheit und Sicherheit könne und müsse Deutschland verstärkt mit China kooperieren.
Was man auf der einen Seite verliert, gewinnt man auf der anderen. Deutschland, das wieder einen diplomatischen Blick in Richtung Osten wirft, kann sich vielleicht über unerwartete Erfolge freuen.