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(GMT+08:00) 2005-06-22 16:39:35    
Pumei (2)

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Yanjiao durchwatete den Kurbin und kam zum Fuß des düsteren Berges. Er wunderte sich sehr, weil er keinen einzigen Baum auf dem Berg sah. Als er näher ritt, schien ihm, als ob der Berg sich bewegte. In Wirklichkeit nämlich war der hohe aschfarbene Berg ein großer rollender Erddrache. Yanjiao zog sich in den Schutz eines in der Nähe liegenden Felsens zurück, um den Drachen zu beobachten. Er sah, dass der Erddrache einen Kreis bildete, in dem 38 Mädchen eingeschlossen waren. Die Mädchen sahen Yanjiao auf seinem edlen Ross und sangen:

"Du, Jäger, auf dem großen Pferd, bleib doch nicht stehen auf deiner Seite!

Wir sind hier gefesselt und werden bald sterben

Und wissen nicht, wer uns wieder mit den Familien vereint.

Du Jäger, geschultert den Bogen und auf dem Rücken die Pfeile,

bleib doch nicht stehen auf deiner Seite!

Der Drache hat uns hierher verschleppt.

Obgleich wir nicht deine Schwestern sind, lass du uns nicht im Stich."

Yanjiao wurde von ihrem Gesang tief berührt und antwortete mit einem Lied:

"Ihrgefesselten Schwestern,

ich kann es nicht übers Herz bringen, euch gequält zu sehen.

Aber grämt euch nicht über mich, wenn den Drachen

zu töten ich nicht vermag!"

Yanjiao spannte den Bogen und richtete ihn auf den Kopf des Drachen. Der Pfeil schnellte wie ein Meteor von der Sehne und traf den Drachen in den Kopf. Yanjiao trieb sein Pferd an, ritt zu den Mädchen und rief: "Wunderbar, ihr seid gerettet."

In diesem Augenblick bäumte sich der Drache mit letzter verzweifelter Kraft noch einmal auf. Yanjiao konnte nicht ausweichen. Schwarzes Blut schoss aus dem Rachen des Drachen und traf Yanjiaos Brust. Er rief vor Schmerzen: "Ach, so heiß!" Dann sank er vom Pferd zu Boden und lag da wie ein Toter.

Die Mädchen umstanden Yanjiao und suchten, ihm das Leben wiederzugeben. Sie nahmen aus dem Kopf des Drachen eine glänzende Perle und legten sie auf Yanjiaos Brust. Auch besprühten sie sein Haupt mit kühlem, frischem Quellwasser. Hand in Hand umkreisten die Mädchen Yanjiao und sangen:

"Wach doch auf, kühner Jäger! 38 Mädchen hast du gerettet. Wenn du deswegen ums lieben kämst, nie wieder würden wirfroh."

Langsam schlug Yanjiao die Augen auf. Seine Brust bebte, so dass die Perle herunterfiel. Mühsam setzte er sich auf und sah, wie die Mädchen ringsum ihn anlächelten. Der Anblick beschämte ihn so, dass er davonlaufen wollte. Die Mädchen riefen: "Gehe nicht, bevor wir dir deine Wohltat nicht vergelten können!" Eines der Mädchen, das das älteste zu sein schien, sagte: "Wir können nichts anderes tun, um uns für deine Wohltätigkeit dankbar zu zeigen, als dich zu bitten, eine von uns nach deinem Herzen heimzuführen." Yanjiao antwortete: "Darum braucht ihr nicht besorgt zu sein. Ein Mädchen namens Pumei am Ufer des Pangu-Flusses wartet schon auf mich. Ich bin auf dem Weg zu ihr." Die Mädchen erwiderten: "Vergiss Pumei nur! Die schönsten Mädchen der Welt hat der Drache hierher zusammengebracht, warum suchst du noch ein schöneres?" Yanjiao konnte die Bitte nicht abschlagen. Er sah sich im Kreis der Mädchen um und entdeckte in einiger Entfernung eine anmutige Jungfrau, die ihm bekannt vorkam. Das Mädchen senkte den Kopf. Deshalb sagte er: "Gut, ich will diese haben."

Das Mädchen trat zu Yanjiao, nahm die Perle, umhüllte sie mit Weizenmehl und formte ein Pferd aus dem Teig. Dann riss sie Yanjiaos großem Pferd einige Mähnenhaare aus und steckte sie in das Pferd aus Mehl. Sie stellte das Mehlpferd in den Wind, und es verwandelte sich langsam in ein feuriges Ross. Das Mädchen nahm das Pferd als Geschenk ihrer Gefährtinnen an. Danach verabschiedeten sich Yanjiao und das Mädchen von den anderen und ritten davon.

Nach geraumer Zeit kamen sie durch eine Gegend, in der viele Erdbeerbäume wuchsen. Yanjiao fragte das Mädchen: "Sag mir, bist du das Mädchen am Ufer des Kurbin, das Wasser schöpfte?" Das Mädchen lächelte und antwortete: "Es gibt doch viele, die sich ähnlich sehen. Ich bin niemand außer mir." Yanjiao erwiderte: "Vielleicht bist du es nicht, da das Mädchen eine rote Schlafmohnblume im Haar trug, die du nicht hast." Während des Gesprächs überquerten die beiden eine Lichtung im Wald. Das Mädchen lächelte und fragte: "Was hältst du von mir?" Yanjiao sah sie sich genau an und sagte: "Du bist wirklich sehr schön."

Darauf wurde das Mädchen sehr ernst und sprach: "Du bist wirklich dumm, jetzt hast du mich, warum willst du immer noch das Mädchen Pumei suchen, das du nicht kennst?" "Gib mir bitte nicht die Schuld", erwiderte Yanjiao, "ich darf nicht auf halbem Weg aufgeben." Das Mädchen lachte: ?Das macht doch nichts. Wenn du willst, können wir als Bruder und Schwester zusammenleben. Was sagst du dazu?" Yanjiao antwortete: "Gut, ich bin damit einverstanden. Wenn ich Pumei gefunden habe, werde ich für dich einen guten Mann suchen." "Für die gute Absicht weiß ich dir Dank", sprach da das Mädchen. "Aber ich fürchte, du wirst mich gänzlich vergessen, wenn du Pumei gefunden hast."

Als sie das Ende des Waldes erreicht hatten, sahen die beiden vor sich einen tobenden, breiten Fluss. Über den Fluss führte eine Einbaumbrücke, deren Ende in einer Höhle jenseits des Flusses verschwand. Sie überquerten den Fluss und gelangten vor den Eingang der Höhle. Die Pferde scheuten und traten zurück, als sie vor dem Eingang anhielten. Obwohl Yanjiao dem großen Pferd die Peitsche gab, blieb es stehen und weigerte sich, weiterzugehen. Yanjiao stieg vom Pferd und blickte in die Höhle. Darin sah er acht Ungeheuer, die, vom Rausch übermannt, die Köpfe schlafend auf den großen Baum gestützt hatten, der aus der Höhle ragte und den Fluss überspannte. Neben dem Eingang war an den Fels eine dürre Frau, die leise schluchzte, mit dicken Seilen gefesselt. Als sie jemanden kommen hörte, wandte sie den Kopf und sah Yanjiao an. Leise sagte sie: "Was wagst du es, hier einzutreten, junger Mann? Das sind acht Räuberteufel, die Menschenfleisch fressen. Wenn sie den Geruch fremder Menschen riechen, wachen sie auf und stürzen sich auf jeden, der vorbeikommt. Hast du den Knochenhaufen hinter der Höhle gesehen? Er ist fast schon so groß wie eine Kiefer."

Yanjiao fragte: "Wer bist du? Wie kommst du hierher?" Die Frau seufzte: "Ich heiße Nuominjiao. Eines Tages ging ich am Ufer des Flusses Muscheln für die Kinder auflesen und wurde von diesen Ungeheuern geraubt. Sie zwingen mich, Menschenfleisch für sie zu kochen, sonst würden sie auch mich kochen." Yanjiao wurde zornig, als er das hörte, und sagte zu seiner Schwester: "Dieses Übel müssen wir beseitigen."

In diesem Augenblick vernahmen sie, dass der Teufel, der dem Höhleneingang am nächsten lag, heftig schnaubend erwachte. Schnell schob Nuominjiao Yanjiao aus der Höhle und sagte: "Beeil dich, lauf zur Kiefer hinter der Höhle und grab die magische Axt aus, die unter der Kiefer in der Erde liegt. Anders kannst du die Unholde nicht besiegen." Kaum hatte Yanjiao die Höhle verlassen, da hörte er den ersten Teufel rufen: "Ich rieche das Fleisch eines fremden Menschen!" Nuominjiao antwortete sogleich: "Meine Schwester ist aus der Ferne gekommen, um euch etwas zu schenken. Seht diesen Beutel!"

Yanjiao war völlig erschöpft, als er die magische Axt unter der Kiefer aus der Erde gegraben hatte. Ohne Atem zu holen, rannte er zur Höhle zurück, und ehe es sich die Unholde versahen, hatte er sieben von ihnen in vierzehn Hälften zerhackt.

Plötzlich hörte er Nuominjiao rufen: ?Spring zur Seite!" Aber ihre Stimme war noch nicht verklungen, da stürzte sich der achte Teufel von hinten auf Yanjiao und drückte ihm die Kehle zusammen. Das Ungeheuer zwang Yanjiao, die magische Axt niederzulegen. Vor Schmerz lief ihm der Schweiß in Strömen über das Gesicht. Die Schwester zog aus dem Feuer, das in der Höhle brannte, das glühende Schüreisen und ließ es auf den Rücken des Teufels niedersausen. Der Unhold lockerte seinen Griff. Yanjiao riss sich los, ergriff die Axt und hieb den Teufel entzwei. Anschließend befreite er Nuominjiao von ihren Fesseln.

Nuominjiao war ihren Rettern unendlich dankbar und schenkte Yanjiao den duftenden Beutel. Die Schwester sagte: "Bruder, reite du auf meinem Perlenpferd voran. Ich will Nuominjiao auf deinem großen Pferd nach Hause bringen, damit sie sich nicht verirrt und sicher in die Heimat gelangt." Yanjiao war zufrieden: "Gut. Der Pangu-Fluss ist nicht mehr weit. Du kannst meiner Spur folgen."

Kaum hatte Yanjiao den großen Berg diesseits des Flusses bestiegen, da überzog sich der Himmel mit Wolken und die Sonne verschwand. Obwohl es Mittag war, war es so dunkel wie zur Stunde der Mitternacht. Ein gewaltiges Gewitter hob an, und unter Blitzen und Regen schrumpfte das Perlenpferd, bis schließlich nur eine glänzende Perle übrig blieb.

Yanjiao setzte sich unter eine Eiche und wartete auf die Schwester. Aber die Schwester kam nicht. So begann er, den Berg hinabzusteigen. Yanjiao wusste nicht, dass sich am Fuß des Berges ein endloser Sumpf erstreckte. Es dauerte nicht lange, und Yanjiao geriet immer tiefer in den Sumpf hinein. Wie ein dichter Nebel umschwirrten ihn Mücken, die so zahlreich waren, dass selbst das robusteste Ross von ihnen zu Tode gestochen worden wäre.

Bald stand Yanjiao bis zum Nabel im Sumpf, und nach dem nächsten Schritt reichte ihm das Brackwasser schon bis zur Brust. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft zu schreien. Sein Körper war über und über bedeckt mit Mücken, die größer als Rinderaugen waren und deren über zwei Zoll lange Stacheln tief in sein Fleisch eindrangen. Yanjiao verscheuchte die Mücken vor seinen Augen und sah, dass sich an seiner Brust, wo der Beutel hing, keine Mücke niedergelassen hatte. Er öffnete sogleich den Beutel und ließ den Duft seinen ganzen Körper umströmen. Die Mücken ließen daraufhin von ihm ab. Die ganze Nacht umschwirrten sie ihn, bis es wieder hell wurde, ohne Yanjiao zu stechen. Dann flogen sie auseinander.

Als die Sonne aufging, war vom Berg her Hufgeklirr zu vernehmen. Yanjiao hörte die Schwester rufen: "Ach, du dummer Bruder, ich habe dich überall gesucht, doch du verbirgst dich im Sumpf und badest angenehm, nicht wahr?" Yanjiao erwiderte: ?Mach dich nicht lustig über mich! Nur das Wildschwein badet gern im Sumpf." Darauf entgegnete die Schwester: "Warum watest du so entschlossen voran? Du hättest doch zurück auf den Berg kommen können." Yanjiao war ein wenig verärgert und antwortete: "Liegt der Pangu-Fluss auf dem Berg? Wenn du an meiner Stelle wärst, stecktest du noch tiefer im Sumpf." Die Worte berührten die Schwester sehr. "Mein Bruder, wenn ich Pumei wäre", sagte sie, "ich bliebe dir lebenslang treu. Komm, steig auf den Rücken des Pferdes! Vielleicht wartet Pumei voller Ungeduld auf dich."

In kurzer Zeit hatte das große Pferd den 99 Meilen langen Sumpf durchquert. Auf der anderen Seite erhob sich ein kleiner Berg. Als sie auf der Höhe des Berges angekommen waren, sahen sie in der Ferne den Herdrauch des Dorfes am Ufer des Pangu-Flusses. Die Schwester sagte: "Wir sind am Ziel. Beeile dich! Ich bleibe hier und warte auf dich." Yanjiao bedankte sich bei der Schwester für ihr Entgegenkommen und schritt fröhlich zum Ufer des Pangu-Flusses.

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