v Radio China Internationalv Die deutsche Redaktion
China Radio International
China
International
  Wirtschaft
  Kultur
  Wissenschaft
  Sport
  Bild-Nachrichten

v Sieg des Widerstandskriegs gegen japanische Aggression in China
v Quiz - Die chinesische Schatzinsel Taiwan
v Beijing 2008
mehr>>
v China ABC
v Die chinesische Malerei
v Traditionelle Wohnhäuser in China
v Chinesische Geschichte
mehr>>
(GMT+08:00) 2005-06-21 13:32:44    
Das fliegende Kleid (2)

cri
Die weiße Taube flog eine Zeit lang über den Himmel und ließ sich dann auf einem trockenen Zweig neben einem Berg nieder. Die Sonne ging unter, es wurde dunkel, und die weiße Taube sang traurig:

"Die Stiefmutter ist böse,

Ich habe viel darum gelitten.

Keine Verwandten hab' ich in der Welt,

Wo kann ich Obdach finden?"

Beim Singen traten Tränen aus ihren Augen.

Ein Greis in einem Teehaus seitlich der Straße hörte den traurigen Gesang der weißen Taube. Um sie zu trösten, sang auch er ein Lied:

"Weiße Taube, weiße Taube, Sei nicht traurig und wein nicht. Das Schicksal bindet uns zusammen, Bei mir kannst du wohnen."

Auf dem Teetisch des alten Mannes standen drei Teekannen - eine aus Gold, eine aus Kupfer und eine aus Eisen. Er nahm die goldene Kanne in die Hand, goss klares Wasser in eine Schale aus weißer Jade und stellte sie auf den Tisch vor der Tür. Dann sagte er zu der weißen Taube auf dem Baum:

"Weiße Taube, komm her und trinke."

Die weiße Taube war den ganzen Tag geflogen und hatte wirklich Durst. Sie erkannte das gute Herz des alten Mannes, flog vom Baum herunter und trank die Schale leer. Plötzlich durchlief ein Zittern die weiße Taube. Der Greis streckte die Hand aus und nahm das weiße Kleid aus Federn weg; und aus der weißen Taube wurde wieder das Mädchen Fatuman.

Fatuman blieb seitdem im Teehaus und half dem alten Mann bei der Arbeit. Für den Greis war Fatuman wie eine Tochter, und Fatuman fühlte sich sehr wohl. Der Alte unterwies das Mädchen im Gebrauch der Teekannen und fügte hinzu: "Die goldene Kanne ist für die Unsterblichen, die kupferne Kanne ist für die normalen Sterblichen und die eiserne für Teufel und Dämonen bestimmt. Bei normalen Sterblichen darfst du nur die kupferne Kanne benutzen!"

Eines Tages ging Fatuman Wasser holen. Da sah sie die Stiefmutter und den Mann mit dem schwarzen Bart den Berg heraufkommen. Vor Angst klopfte ihr Herz und sie lief, so schnell sie konnte, nach Hause. Sie suchte ihr weißes fliegendes Kleid aus Federn hervor und sagte:

"Großvater, meine Mutter kommt, um mich zu fangen."

"Mein Kind, hab keine Angst", antwortete der alte Mann. "Setz dich nur ruhig hin. Ich werde mit ihnen fertig werden."

Es dauerte nicht lange, da erreichten die Stiefmutter und der bärtige Mann das Teehaus.

"Alter Mann", sagten sie, "wir haben gehört, dass ein fremdes Mädchen bei dir ist. Ist das wahr?"

"Ich habe nur eine weiße Taube gesehen. Weil sie von bösen Menschen verfolgt wurde, flog sie zu meinem Teehaus."

"Das stimmt. Sie ist meine Tochter", sagte die Stiefmutter.

"Das stimmt. Sie ist meine Frau", sagte der Mann mit dem schwarzen Bart.

"Gib sie uns schleunigst heraus!" riefen die beiden gleichzeitig.

"Nicht so eilig, nicht so eilig." Der Greis lächelte: "Ihr kommt aus der Ferne. Es ist so heiß und der Weg war sicher sehr lang, ihr habt bestimmt großen Durst. Kommt und trinkt eine Schale Tee. Wir können nachher darüber sprechen." Er nahm die eiserne Kanne in die Hand und goss Tee in zwei Schalen.

Nachdem die beiden einen Schluck des Tees zu sich genommen hatten, fielen sie plötzlich zu Boden und verwandelten sich in zwei Vögel von rußschwarzer Farbe, die angstvoll unter dem Tisch auf- und niederflatterten. Der alte Mann winkte mit der Hand, und von Schrecken gepeinigt flogen die zwei Vögel auf den trockenen Zweig neben dem Berg.

Der Greis lachte laut und sprach zu Fatuman, die sich noch immer in ihrer Kammer versteckt hielt: "Kind, komm heraus, die beiden Bösen hocken auf dem Baum." Kaum trat Fatuman aus ihrer Kammer, da riefen die rußschwarzen Vögel:

"Zurück, zurück, du Mädchen."

"Zurück, zurück, du Mädchen."

Der alte Mann nahm einen kleinen Stein und warf ihn nach den Vögeln, die erschrocken davonflogen.

Eine Weile später, als Fatuman vor dem Teeofen saß und Wasser kochte, kehrten die beiden Vögel zurück und riefen abermals:

"Zurück, zurück, du Mädchen."

"Zurück, zurück, du Mädchen."

So riefen sie lange Zeit, dass Fatuman ganz bang wurde und sie sagte:

"Großvater, verjage sie schnell."

Der alte Mann nahm einen langen Zweig und trieb die beiden Vögel fort. Sie kehrten aber bald wieder zurück und riefen von Neuem:

"Zurück, zurück, du Mädchen."

"Zurück, zurück, du Mädchen."

"Großvater, verjage sie schnell, sie schreien mich zu Tode."

Der Greis buk gerade eine Art von Pfannkuchen. Er nahm ein wenig Mehl und warf es nach den Vögeln. Aus dem Mehl wurde plötzlich ein Sperber mit spitzem Schnabel und scharfen Fängen. Der Sperber stieß auf den dürren Ast herab, so dass die beiden Vögel erschrocken davon flogen, weit weg zogen und nicht mehr laut zu rufen wagten.

Noch heute kann man diese hässlichen Vögel in den wilden Wäldern und auf hohen Bergen antreffen. Sobald sie sich auf einem Ast niederlassen, rufen sie ganz laut:

"Zurück, zurück, du Mädchen."

"Zurück, zurück, du Mädchen."

Die Sperber hassen diese Vögel. Sie kommen oft, wenn sie deren Gekrächze hören, um die Vögel zu vertreiben. Man nennt diese rußschwarzen Vögel daher "Menschensucher".

vorige Seite