Nach den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts erreichte unter den kapitalistischen Ländern des Westens der Kampf um Kolonien sowie um Absatzmärkte, Rohstoffe und Investitionsmöglichkeiten in den Kolonien und anderen Ländern einen neuen Höhepunkt, wobei der Ferne Osten ein besonderer Zankapfel war. Einige an China grenzende Länder wurden nach und nach zu Kolonien, und es kam in Chinas Grenzgebieten zu einer ernsten Krise, die mit dem Chinesisch-Französischen Krieg endete.
Die Aggression gegen Xinjiang
Schon in den 60er Jahren hatten westliche Länder ein Auge auf das ausgedehnte Gebiet in Xinjiang geworfen. Im Jahr 1865 machte Yakub Beg, ein Armeeoffizier aus Khohand in Zentralasien (damals unabhängig, später dem zaristischen Russland einverleibt), sich innere Zwistigkeiten in Xinjiang zunutze, fiel mit seinen Truppen in Süd-Xinjiang ein und besetzte Kaschgar. Bis 1870 brachte Yakub Beg die meisten Gebiete nördlich und südlich des Tianshan-Gebirges unter seine Kontrolle. Da sowohl Großbritannien wie auch Russland seinen Einfluss in Xinjiang ausdehnen wollten, wetteiferten beide Länder darum, Yakub Beg für sich zu gewinnen. 1871 besetzte Russland die Stadt Ili, Hauptstadt von Xinjiang, und die umliegenden Gebiete und unterwarf die dortigen Nationalitäten einer grausamen Kolonialherrschaft. Im Jahr 1877 schlug die Qing-Armee Yakub Beg und gewann die verlorenen Gebiete in Süd-Xinjiang zurück. Ili blieb jedoch weiterhin in der Hand der Russen.
Wiederholt forderte die Qing-Regierung die Rückgabe Ilis, doch Russland weigerte sich. Im Februar 1881 zwang Russland die Qing-Regierung zur Unterzeichnung des Vertrags von St. Petersburg. China bekam dem Vertrag gemäß Ili zwar zurück, musste jedoch weite Gebiete westlich des Flusses Khorgos abtreten.
Aufgrund dieses Vertrags und anderer Dokumente, die zwischen 1882 und 1884 zur Festlegung der chinesisch-russischen Grenze geschlossen worden waren, annektierte Russland mehr als 70 000 Quadratkilometer chinesischen Territoriums in Xinjiang. 1892 besetzte das zaristische Russland weitere 20 000 Quadratkilometer chinesischen Territoriums westlich des Sarykol-Gebirges in der Region von Pamir. Die Qing-Regierung erklärte ausdrücklich, dass sie keine Gebiete, die zum damaligen Zeitpunkt von chinesischen Truppen besetzt waren, aufgeben würde, doch schlossen Russland und Großbritannien 1895 ein Abkommen, in dem sie die Pamir-Gebiete westlich des Sarykol-Gebirges unter sich aufteilten.
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