Nun brachten sie mit ihren Pferden moderne Artikel des alltäglichen Gebrauchs wieder nach Hause zurück. Die Familie von Li Chunbo lebt seit Generationen in Heshun. In der großen Halle des riesigen Wohnhofes ihrer Familie zeigte uns Li Chunbo einige Gegenstände, die ihre Familienvorfahren aus dem Ausland nach Heshun heimbrachten:
"Dieses Glas stammt aus Großbritannien, und der Stahlkasten dort aus Deutschland. Die Öltonnen wurden ebenfalls aus Großbritannien hergebracht. Und diese Wassertonne dort stammt wie der Wasserbottich aus Japan."
Die Wohnhöfe der reichen Kaufleute in Heshun zeugen von ihrer wechselvollen Geschichte. Als die Region vom Krieg eingeholt wurde, wanderten viele Familien ins Ausland ab. So kam es, dass die Häuser für mehrere Jahre verlassen wurden oder gar bis heute unbewohnt blieben. Heute sieht man den Lack von den riesigen Türen zu einigen Wohnhöfen abblättern. Rostige Türklopfer und Schlösser erinnern an längst vergangene Jahrzehnte.
Um einen der leerstehenden Wohnhöfe kümmert sich der alte Yin Cuiben. Es ist leicht, ihn in dem Wohnhof zu treffen, denn jeden Tag kommt er hierher, um nach dem Rechten zu sehen. Dabei erzählt er uns:
"Das Haus gehörte eigentlich meinem Onkel, er heißt Li Xingxiang. Das Haus ist schon 78 Jahre alt. Mein Onkel ist nach Myanmar ausgewandert, und jetzt ist der ganze Hof leer. Ich komme jeden Tag hierher, um die Blumen zu gießen und in die Zimmer und den Hof zu schauen. Und dann gehe ich weg und komme wieder am nächsten Tag."
Von den Erfahrungen und Eindrücken der reisenden Kaufleute im Ausland profitierten nicht nur ihre eigenen Familien, sondern auch ihr Heimatdorf. In der doch recht entlegenen Ortschaft Heshun beispielsweise entstanden bereits vor rund 100 Jahren ein Fotostudio, mehrere Kliniken und ein Sprechtheater. Sogar eine Fußballmannschaft hatte das Dorf damals schon. Selbst in vielen chinesischen Städten waren derartige Dinge vor 100 Jahren noch undenkbar. Einige Kaufleute brachten auch Druckmaschinen mit nach Hause, andere errichteten öffentliche Parkanlagen oder Bibliotheken. Die Bibliothek Heshun war das beste Gebäude des Dorfes in der damaligen Zeit. Mit der Herstellung der Tür des Gebäudes hatten die Bürger von Heshun eine britische Firma beauftragt. Heute besuchen vor allem viele Schüler die Bibliothek. Aber auch Bauern kommen hierher, um Zeitungen und Zeitschriften zu lesen. Die Bibliothek besitzt heute mehr als 70000 Bücher und Dutzende Computer mit Internetanschluss. Noch immer spenden Emigranten und besser verdienende Dorfbewohner regelmäßig für die Bibliothek. Dazu der Leiter der Bibliothek Cun Shichang:
"Die Bibliothek ist seit ihrer Fertigstellung ein heller Lichtpunkt an der westlichen Grenze der Provinz Yunnan. Seit mehr als 80 Jahren ist die Bibliothek nicht für einen einzigen Tag geschlossen."
Jahrzehnte sind bereits vergangen. Aber hier scheint alles unverändert geblieben zu sein. Die Häuser, die verwinkelten Pfade, die Bogenbrücken und das murmelnde Bächlein.... Nur unter den Dächern der alten Wohnhäuser regt sich neues Leben. Dann, wenn die Schwalben wiederkommen und ihre Nester aufbauen...
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