Es muss hervorgehoben werden, dass das Blühen und Gedeihen von Kultur und Kunst in der Tang-Dynastie ein äußerst vorteilhaftes kulturelles Umfeld für die Entwicklung der Privatgärten schuf. Beschreibungen natürlicher Landschaften kamen in der Tang-Lyrik immer mehr in Mode und wurden reifer- Zur selben Zeit erreichte auch die Landschaftsmalerei eine hohe Fertigkeit und entwickelte sich zu einem eigenständigen Zweig der Malerei. Die Tang-Dynastie brachte eine ganze Reihe von Landschaftsmalern hervor, die von der Nachwelt hoch geachtet wurden. Die Blüte der Landschaftsmalerei und -poesie und ihre kreativen Methoden übten einen wichtigen Einfluss auf die Gartenbaukunst aus. Ein Beispiel dafür war die in Wangchuan, in der Nähe von Chang'an, erbaute Villa des Dichters und Malers Wang Wei. Er legte in einem wunderschönen Tal mit Bergwald und Gewässern einen Garten mit 20 Sehenswürdigkeiten an, darunter das "Hirschgehölz" (Lu Chai) und "Die Brandung der Weiden" (Liulang). Wang Wei verfasste viele seiner beliebten, oft rezitierten Gedichte an diesem malerischen Ort. Er zeichnete sogar eigenhändig eine Karte von der Villa, auf der er bis ins kleinste Detail alle Sehenswürdigkeiten wiedergab. Der Qing-Kaiser Qianlong (regierte 1736?1795) ließ einst im Yuan Ming Yuan in Beijing eigens eine Miniaturlandschaft anlegen, die er "Abgelegenes Bergdorf im Norden" nannte und welche die Villa in Wangchuan nachahmen sollte.
Mit ihrer Kunst in hoher Blüte konnten es sich auch die Literaten gut ergehen lassen. Der berühmte Dichter Bai Juyi entwarf in Luoyang einen Wohngarten, in dem er sich oft mit befreundeten Literaten zum Lustwandeln, Musikhören, Trinken und zu ausgiebigen Gesprächen über Literatur traf. In jedem Herbst, wenn die Luft rein und klar war, setzte er sich mit der Qin (ein der Zither ähnliches Instrument) und einem Krug Wein in den Garten. Als der Alkohol seine Wirkung entfaltete, wies er dei Musiker an, ihm aus dem Pavillon auf dem Teich vorzuspielen, und lauschte dem Klang der Instrumente, der in den Dunstschwaden vom Wind davongetragen wurde. Dieser genießerische Poet errichtete überdies nördlich des Xianglu - Gipfels auf dem Berg Lushan (Provinz Jiangxi) ein äußerst einfach gehaltenes Häuschen mit Lehmwänden und ungestrichenen, mit Papier bezogenenen Holzfenstern und Bambusjalousien, das er die "Strohhalle von Lushan" (Lushan Caotang) nannte. Im dazu gehörenden Garten standen hohe Keifern und ein lauschiger Bambushain, der Fels war von bizarrer Form, und aus geringer Entfernung war das Rauschen kleiner Wasserfälle zu hören.
Die von den Literaten angelegten Gärten spiegelten ihre Lebenshaltung wider. Verglichen mit dem Luxus und der Kühnheit der kaiserlichen Gärten oder dem Prunk der Privatgärten von Beamten und Eunuchen war ihr Stil frisch und rein, von auserlesenem Geschmack und nicht darauf aus, den Wohlstand ihres Besitzers zur Schau zu stellen. Die Weiterentwicklung der Literatengärten in der Tang-Dynastie schuf eine vorzügliche Grundlage für das Aufstellen von Regeln zur Anlage dieses Gartentyps in späteren Epochen.
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