Ein altes chinesisches Sprichwort besagt: Es ist seit alters her selten, 70 Jahre alt zu werden. Nun heute ist es aber in China sogar üblich, 80 oder 90 Jahre alt zu werden.
Seit der Gründung der Volksrepublik vor 70 Jahren wurde eine gigantische wirtschaftliche und gesellschaftliche Umwandlung vollzogen. Parallel dazu hat sich auch die Altersstruktur erheblich verändert. Die Lebenserwartung der Chinesen ist von 35 bei der Gründung der VR 1949 auf 77 im Jahr 2018 gestiegen. Dieser Anstieg hat das Niveau der entwickelten Länder und den Weltdurchschnitt bei weitem übertroffen. Bis Ende 1999 machte der Anteil der Chinesen, die 60 oder älter sind, mehr als zehn Prozent der Bevölkerung aus. Dies kennzeichnet den Beginn des Alterungsprozesses in China.
Yuan Xin, Professor am Institut für Bevölkerung und Entwicklung an der Nankai-Universität, beschreibt diese Entwicklung als Ergebnis des gesellschaftlichen Fortschritts. Die Alterung der Gesellschaft hänge eng mit der Senkung der Geburten- und Sterblichkeitsrate zusammen. Dank der Verbesserung der medizinischen Versorgung sei die Sterblichkeitsrate zurückgegangen und die Lebensdauer der Bevölkerung erhöht worden.
Um dieser demographischen Herausforderung gewachsen zu sein, hat China1982 zum ersten Mal eine Delegation zur Teilnahme an der ersten Weltalterungskonferenz entsandt. 1999 wurde dann das nationale Arbeitskomitee für Seniorenarbeit ins Leben gerufen.Auch in den Behörden für Zivile Angelegenheiten, Gesundheit und Hyginie und Soziales wurden anschließend Institutionen für seniorenbezogene Verwaltung, Dienstleistungen und Forschung errichtet.
Ein langes Leben bedeutet nicht unbedingt auch ein langes Leben in Gesundheit. Auf der Weltgesundheitskonferenz 1987 wurde der Beriff „gesundes Altwerden" erstmals vorgestellt. Damit soll parallel zur Verlängerung der Lebensdauer der Senioren deren Lebensqualität verbessert werden.
Alte Menschen leiden normalerweise an mehreren Krankheiten. Das Modell zur Behandlung einzelner Krankheiten wird deshalb den Bedürfnissen der Senioren nicht gerecht. Vor diesem Hintergrund ist die Seniorenmedizin entstanden. Auf der Basis der umfassenden Bewertung der körperlichen Gesundheit, der Körperfunktionen und des psychischen Zustandes der alten Menschen soll ein Behandlungsplan erstellt werden, der die Gesundheit und Funktionalität der Senioren fördert und deren Lebensqalität verbessert.
Herr Niu leidet beispielsweise an fünf chroinischen Krankheiten. Er war deshalb in mehreren Kliniken gewesen und bekam jedesmal drei bis fünf Medikamente verschrieben. Wegen der Verschlimmerung seiner Zuckerkrankheit landete er 2013 in der Abteilung Seniorenmedizin der renommierten Beijinger Klinik Xiehe. Nach der Gesamtbewertung seiner Krankheiten wurde die Anzahl der Medikamente, die er täglich einnehmen soll, um die Hälfte reduziert.
Chinas Seniorenmedizin entstand Mitte der 1950er Jahre. Nach dem staatlichem Plan für die Entwicklung der Seniorenarbeit und dem System der Altenpflege während des 13. Fünfjahresplans sollen bis 2020 in mehr als 35 Prozent der Kliniken der Klasse II. oder höher Abteilungen für Seniorenmedizin errichtet werden. Zwischen 2022 und 2030 soll der Anteil von 50 und 90 erhöht werden.
Gleichzeitig hat sich das System der Altenpflege kontinuierlich verbessert. Mit der Maßnahme „Medizinische Versorgung plus Altenpflege" will das Land effektiv mit dem Problem der beschleunigten Alterung umgehen. Zurzeit wird in 90 chinesischen Städten das Modell „Medizinische Versorgung plus Altenpflege" getestet. Gegründet wurden rund 4000 entsprechende Institutionen. Die Ehefrau von Herr Niu hat von dieser Maßnahme profitiert. Die alte Dame wurde vor zwei Jahren wegen halbseitiger Lähmung in ein Altersheim in direkter Nachbarschaft ihres Zuhauses eingeliefert. Zu ihr kommen Ärzte des medizinischen Servicezentrums im Wohnviertel regelmäßig zu Besuch. Das beruhigt Herrn Niu und seinen Sohn sehr.