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Gestatten, Ocean Queen! – die mitunter seltsamen englischen Namen von Chinesen
  2019-09-17 15:09:57  CRI

 

Ja, es gibt viele Gründe, warum Chinesen ihren chinesischen Vornamen durch einen englischen ersetzen oder ergänzen, zumindest auf der Visitenkarte. Der wichtigste Grund ist, dass man ohne Namen praktisch nicht existiert, wie meine deutsche Kollegin richtig anmerkte. Ist ein chinesischer Vorname für Ausländer schwer auszusprechen, wird er schlechter gemerkt, seltener verwendet und bald ist der Betroffene im internationalen Unternehmen nur noch der chinesischer Kollege oder wird entgegen der entspannten Unternehmenskultur als Einziger beim Nachnamen genannt. Apropos: Chinesische Nachnamen sind meistens kurz, oft nur einsilbig und in der Regel leichter auszusprechen als die Vornamen. Aus eben diesem Grund der Verständlichkeit nutzen auch Ausländer in China manchmal einen chinesischen Namen.

Viele Hongkong-Chinesen erhalten gleich von ihren Eltern einen englischen Mittelnamen, wenn sie das Licht der Welt erblicken. Das erklärt sich aus Hongkongs Geschichte als ehemalige britische Kolonialstadt. In Hongkong gibt es daher auch heute noch einige Bruce Lees (Lis) und klassische britische Vornamen wie Henry und Elisabeth sind nach wie vor verbreitet. Neben Kantonesisch und Mandarin ist Englisch in Hongkong weiterhin Amtssprache.

Deutsch-Chinesen, Sino-Americans oder andere Auslandschinesen geben ihren Kindern oft auch typische einheimische Namen. Einerseits, weil Chinesen für ihre große Integrationsbereitschaft bekannt sind, und andererseits, um den Kindern das Leben zu vereinfachen. Meistens haben die Kinder aber überdies noch einen chinesischen Vornamen.

Sind es nicht die Eltern, so kommen in China auch Englischlehrer bzw. Deutschlehrer als Namensgeber in Frage oder man wählt den Namen selbst. So sind zwei meiner chinesischen Kollegen auch unter den Namen Frank bzw. Ludwig bekannt; ein Dritter, der den chinesischen Vornamen „An" hat, wählte „Andi". Eine Kollegin verriet mir, dass sie auch noch Antonia heißt, diesen Namen aber nicht benutzt. Meine chinesische Kollegen Li Wen, bekam während ihrer Zeit in Deutschland von Basketballmitspielern den Namen Julie verpasst. Die Mitspieler behielten dabei ihren Nachnamen Li als Teil des neuen Namens bei.

Viele meiner Kollegen haben auch gar keinen Zusatznamen oder nutzen ihn nicht.

Wie gesagt, ist ein weiterer Grund für den Extra-Vornamen der Job in einem globalen Konzern oder in einer Firma, die einfach nur international erscheinen will.

Seit der Reform- und Öffnungspolitik vor 40 Jahren ist der Anteil der Chinesen, die vom Namen her international aufgestellt sind, stetig gewachsen. Aber insgesamt ist es immer noch nur ein kleiner Prozentsatz.

Manchmal übersetzen Chinesen ihren Namen einfach ins Englische – hier wird es oft lustig. Denn Ocean Queen, Strong, Almighty, Cute, Strawberry oder Seven sind schon sehr ungewöhnliche Namen. Ins Deutsche übersetzte chinesische Namen könnten dann auch schon mal Verfassungspolitik, Nationalstolz oder Segeln lauten.

Denn Chinesen wollen mit dem Namen ihren Kindern oft die besten Wünsche mit auf den Weg geben. Dabei spielt die Bedeutung des Namens im Vergleich zu seinem Klang eine große Rolle. So setzt sich ein chinesischer Vorname in der Regel aus ein oder zwei Zeichen unterschiedlicher Bedeutung zusammen. Deshalb kann das, was auf Chinesisch ein wohlklingender Geniestreich ist, in der Übersetzung zu einem Ausbund an Peinlichkeit werden.

Von Chinesen selbstgewählte deutsche Namen wie „Hitler" sind extrem selten und werden logischerweise im Realitätscheck extrem schnell wieder aufgegeben. Natürlich sind solche Geschichten im Internet überrepräsentiert.

In einigen Fällen wird auch ein Name gewählt, der irgendwie englisch klingt, aber nicht mal googlebar ist, wie etwas „Silen". So als würde sich ein Deutscher in China als „Ching Chang Chong" vorstellen, weil er den Namen für total chinesisch hält.

Chinesen, die Strawberry als Namen wählen, sollten sich vorher überlegen, ob sie Ausländer, die sich Roujiamo, das ist leckeres Schweinefleisch im Brötchen, nennen, erst nehmen würden.

Wer Jing Jing heißt, kann sich leicht Jay Jay nennen und bei Li Li ist Lilly naheliegend. Englischlehrer sollten sich aber bitte hüten aus einem männlichen Lu Xi eine Lucy zu machen. Hier hört der Spaß auf.

Text: Nils Bergemann

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