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In Deutschland sind wir es gewohnt, alle Filme – egal in welchem Land sie produziert wurden – in deutscher Sprache zu schauen. Sie werden synchronisiert. Untertitel tauchen nur in seltenen Fällen auf. Inzwischen werden in vielen Kinos ausgewählte Filme vereinzelt auch in der Originalsprache gezeigt, aber diese sind natürlich Ausnahmen. In China ist die Situation anders. Bereits seit Jahren werden die meisten ausländischen Filme mit Untertiteln versehen. Wenn es zuvor häufig aber noch die Wahl zwischen Originalsprache mit chinesischen Untertiteln und chinesischer Synchronisation gab, werden nun immer weniger ausländische Filme auf Chinesisch synchronisiert. Die meisten Kinofilme werden nur noch in Originalsprache mit chinesischen Untertiteln angeboten. Eine Ausnahme bilden Zeichentrickfilme, die grundsätzlich synchronisiert werden, da sie sich an Kinder richten, die die Vielzahl an Schriftzeichen noch nicht lesen können.
Doch warum werden Filme nicht mehr synchronisiert? Einer der wichtigsten Gründe ist, dass Untertitel günstiger und schneller sind als die Synchronisation. Außerdem spielt der große Unterschied zwischen Chinesisch und Englisch sowie anderen Sprachen eine entscheidende Rolle. Sowohl die Laute sind komplett verschieden, als auch die Länge vieler Ausdrücke. Dies erschwert eine Synchronisation, die ja zu den Lippenbewegungen auf der Leinwand passen sollte. Aus diesem Grund ist eine gute Synchronisation eines US-amerikanischen Films unglaublich anspruchsvoll. Untertitel ersparen da große Mühen. Vielleicht kein richtiger Grund, aber ein weiterer Vorteil ist: Viele Chinesen wollen ihr Englisch verbessern. Dabei können ihnen Filme in Originalsprache mit chinesischen Untertiteln helfen.
So weit, so gut und nachvollziehbar. Allerdings sind es nicht nur ausländische Filme, die untertitelt werden. Auch chinesische Produktionen – seien sie für das Kino oder auch den Fernseher – besitzen chinesische Untertitel. Doch warum? Chinesen sind es gewohnt, Untertitel zu lesen. Dies begann schon früh, als das Hongkonger Kino auch in anderen Teilen Chinas sehr beliebt war. Da aber nicht jeder unbedingt Kantonesisch sprach, wurden chinesische Untertitel hinzugefügt, aber die Originalsprache behalten, um die Atmosphäre des Films nicht zu zerstören. So hat sich die Gewohnheit entwickelt, dass viele Chinesen bei Filmen nicht richtig hinhören, aber die Untertitel lesen und dadurch dem Geschehen folgen können. Chinesen lesen Filme also mehr, als dass sie sie wirklich schauen. Darüber hinaus können so auch gehörbehinderte Menschen die Shows nachvollziehen, obwohl sie nicht hören, was gesagt wird. Sie können den Dialogen einfach durch die Untertitel folgen.
Und es gibt noch einen Grund. In China gibt es so viele verschiedene Dialekte und Akzente, dass nur wenige Menschen perfektes Putonghua, also das richtige Hochchinesisch, sprechen und es zum Teil nicht einmal verstehen. Selbst Schauspieler haben also immer zumindest bis zu einem gewissen Grad den Akzent ihrer Heimat. Die Schriftzeichen allerdings sind universell und für alle Gebiete Chinas gleich. Man muss sich das so vorstellen, wie wenn in Deutschland ein Bayer auf einen Sachsen trifft. Wenn ihre lokalen Akzente zu stark sind, verstehen sie einander nicht. Wenn dann noch jemand dazukommt, der Plattdeutsch spricht, wird es noch komplizierter. Wenn diese aber alle mit Hochdeutsch untertitelt werden, kann jeder Deutsche alle drei Personen verstehen.
Auch die chinesischen Untertitel sind also nachvollziehbar. Doch hat sich inzwischen noch ein drittes Phänomen herausgebildet: Immer mehr chinesische Kinofilme haben neben der chinesischen Audiospur chinesische und englische Untertitel. Es laufen also zwei Untertitelspuren parallel. Dieser Trend begann in Hongkong, als es noch Teil Großbritanniens war und viele Ausländer ins Kino gingen, die kein Chinesisch konnten. Nun leben aber in ganz China zahlreiche Ausländer. Ihnen wird durch die englischen Untertitel nun auch die Möglichkeit gegeben, chinesische Filme anzuschauen, die sie sonst nicht verstehen würden. Gleichzeitig streben Chinas Filme auf den Weltmarkt. Dadurch, dass sie bereits übersetzt sind, ist es einfacher, sie auch in anderen Staaten auszustrahlen.
Text: Sabrina Sicking