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Seltsame Dienstleistungen in China: Weiße Männer oder den Stau-Ersatzmann mieten
  2019-06-04 10:25:14  CRI

 

 

Er steht da im teuren Anzug, mit einem kleinen edlen schwarzen Aktenkoffer in der Hand. Er wirkt so, als hätte er eine lange Flugreise hinter sich. Unter all den asiatischen Geschäftsleuten fällt der weiße Mann auf. Er könnte Deutscher oder Kanadier sein, auf jeden Fall spricht seine Anwesenheit für die internationale Bedeutung der Firma, die heute ihre Geschäftsziele präsentiert. Der Ausländer lächelt ab und zu. Solange er nicht angesprochen wird, sagt er nichts. Seine Rolle ist es, einfach einen weißen Geschäftsmann zu spielen.

Viele Chinesen glauben auch heute noch, obwohl die Wirtschaft ihres eigenen Landes stärker wächst als alle anderen in der Welt, dass westliche Unternehmen und Geschäftsleute im besonderen Maß Erfolg verkörpern. Und dieser Erfolg soll abfärben: Ein chinesischer Unternehmer, der neben einem weißen Mann steht, und so allen anderen signalisiert, dass beide Geschäftspartner sind, muss selbst außerordentlich erfolgreich sein.

Neben attraktiven Begleitpersonen für einen Abend oder einem Freund bzw. eine Freundin, kann man in China auch einen weißen Mann anheuern, der für ein paar Stunden den wichtigen Geschäftspartner gibt und so den eigenen Status und Erfolg befördert.

Meist entspricht die Rolle des weißen Mannes der eines einfachen Komparsen fürs Fernsehen: wenig machen und nichts sagen. Manchmal muss der Schauspieler aber auch in einer Rede für die langjährige Zusammenarbeit mit der Firma des Servicenehmers danken oder beim Buffet ein paar Anekdoten zum Besten geben. Für den Fall der Fälle hat der gemietete weiße Mann auch gefälschte Visitenkarten dabei. Wobei jeder Auftraggeber selbst entscheidet, wie weit die Rolle des internationalen Geschäftspartners ausgestaltet wird und wie hoch entsprechend die Risiken des Aufliegens sind. Aber bei dieser Dienstleistung wird auf Schein gesetzt und offenbar funktioniert das Geschäftsmodell, ohne dass viel hinterfragt wird.

Einer, der viele solcher Rollen gespielt hat, verrät die einzige wirkliche Voraussetzung: „Du musst weiß sein."

Okay, nehmen wir einmal an Thomas, hauptberuflich Englischlehrer in Wuhan, hat einen solchen Nebenjob für eine „Hire the white guy"-Firma angenommen. Er ist mit seinem alten Audi auf dem Weg zum großen Event des Kunden. Er hat noch viel Zeit. Doch dann: Riesenstau, nichts geht mehr. Noch ist genug Zeit. Doch nach einer halben Stunde wird der Deutsche langsam nervös und er hat auch Angst, den teuren Leih-Anzug vollzuschwitzen. Im schnellen China gibt es selbst für dieses Problem eine Lösung. Thomas erinnert sich an eine skurrile Dienstleistung, und er sucht mit Baidu, Chinas meistgenutzter Suchmaschine. Er findet Anbieter für „Traffic Jam Stand-Ins".

Ja genau, in China gibt es tatsächlich Leute, die statt einem selbst im Stau stehen. Das ersatzweise Anstehen für Kinopremieren- oder Konzertkarten ist schon bekannt. In China, einem Land, in dem einzelne Staus auch schon ein paar Tage gedauert haben, wurde dieses Stellvertretersystem nun auf geniale Weise erweitert. Thomas muss nur einen Service anrufen und dann ein paar Informationen zum Auto sowie seine genaue Position übermitteln. Seine Echtzeit-Lage sendet er einfach mit der Allround-App WeChat zum Stau-Service.

Nach relativ kurzer Zeit treffen zwei Männer auf einem Motorrad ein. Der „Traffic Jam Stand-in" oder nennen wir ihn auf Deutsch „Stau-Esatzwarter" sitzt für Thomas im Auto und fährt dieses später an die gewünschte Adresse, wo er den Schlüssel einer Bekannten von Thomas übergibt.

Thomas sitzt nun hinten auf dem Motorrad – auf dem Weg zum Kunden. Der Stau-Ersatzwarter-Service wird hauptsächlich in der Region Wuhan in Zentralchina angeboten, wo die Verkehrslage manchmal recht extrem sein kann.

Thomas lässt sich eine Straße vor der Adresse des Kunden absetzen und spielt dann seine Rolle hervorragend. Teuer war der Stauservice mit umgerechnet rund 50 Euro nicht.

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