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Strukturierte Prozesse und alles digital: Als Patient in einem chinesischen Krankenhaus
  2019-05-07 14:07:58  CRI

 

Wie lassen sich 1,4 Milliarden potentielle Patienten behandeln? In riesigen Krankenhäusern? Antworten auf diese Fragen bekommt jeder, der eine chinesische Klinik besucht. Eine medizinische Basis-Versorgung gibt es hier inzwischen fast überall, sogar in entlegenen Dörfern. China verfügt über ungefähr 28.000 Krankenhäuser und jedes Jahr kommen 200 neue Kliniken dazu. Entsprechend stark sind auch medizinische Fachkräfte gefragt. In Deutschland gab es im Jahr 2017 insgesamt 1942 Krankenhäuser. Wobei man dazu noch erwähnen muss, dass es in China keine zusätzliche Versorgung durch Arztpraxen gibt, aber durchaus private Zahnarztpraxen.

In China teilen sich, statistisch betrachtet, 1000 Einwohner 1,49 Ärzte (2011), was weltweit den 85. Platz bedeutet. Zum Vergleich: Deutschland ist mit einer Ärztedichte von 4,13 (2014) auf dem zehnten Rang. Die Russen liegen mit einem Wert von 3,31 auf dem 31. Rang (2014), die Amerikaner mit 2,55 Ärzten auf 1000 Einwohnern auf dem 52. Rang (2013). Spitzenreiter ist Kuba mit einer Ärztedichte von 7,52 (2014). Eine hohe Ärztedichte bedeutet natürlich nicht gleich eine hochwertige Versorgung.

In größeren chinesischen Städten ist das medizinische Angebot schon fast mit dem westlicher Länder vergleichbar. Es gibt auch spezielle Krankenhäuser mit Ärzten und Geräten aus dem Westen. Die Behandlung kann dort dann aber auch schon mal zehnmal so teuer wie in einem chinesischen Krankenhaus sein. In größeren chinesischen Städten wie Beijing bieten einige öffentliche Krankenhäuser auch VIP-Stationen an, in denen die Ausstattung besser und das Personal noch qualifizierter ist. Trotz höherer Preise zahlt man hier am Ende meist nur etwa halb so viel wie in einem internationalen Krankenhaus.

Die Abläufe in einem chinesischen Krankenhaus unterscheiden sich von denen in einem deutschen: In dem Krankenhaus in Beijing zeige ich zuerst meine chinesische Versicherungskarte vor und bezahle eine Art Klinik-Gebühr von zehn Yuan (1,33 Euro). Dies ist meist auch mittels Automaten möglich. Die meisten öffentlichen Krankenhäuser akzeptieren ausländische Versicherungen nicht. Man sollte in dann internationale Kliniken suchen und telefonisch nachfragen, ob sie die entsprechende Versicherungspolice akzeptieren.

Ich sage dem netten Herrn am Schalter, welche Probleme ich habe, nämlich Zahnschmerzen. Ich bin zwar hier in einer Augenklinik, aber es gibt auch eine zahnärztliche Abteilung. Die chinesischen Kliniken sind oft spezialisiert, aber alle bieten eine Basis-Rundumversorgung an, wie etwa früher die Polykliniken oder heutige Ärztehäuser in Deutschland. Das ist auch nötig, weil so viele Menschen versorgt werden müssen. Und das muss natürlich effizient geschehen. Alles ist digitalisiert und standardisiert.

Wenn dem Klinikangestellten am Schalter klar ist, wo der Schuh drückt, gibt es einen kleinen Ausdruck mit Abteilung und Wartenummer. Meistens können nicht alle Angestellten Englisch, aber die Verständigung funktioniert auch in diesen Fällen durch Zeigen, zum Beispiel auf das schmerzende Körperteil und Übersetzungsprogramme, trotzdem ganz gut.

Es gibt überall auf den Fluren Sitzreihen zum Warten. Es gibt zwar kaum Leerlauf, weil die Ärzte und Fachkräfte schon während der Behandlung das Notwendige dokumentieren und die „Überweisungen in andere Abteilungen" offenbar reibungslos funktionieren. Aber die Wartezeiten können trotzdem sehr lang sein. Es hängt davon, welche Nummer man bekommen hat. Es kann sein, dass man sich gleich bei Kliniköffnung eine Nummer besorgt, aber dennoch lange wartet. Chinesische Staatsbürger können sich online registrieren mit ihrer ID und im Vorfeld eine Nummer für einen bestimmten Tag besorgen. Mit einem ausländischen Pass geht das nicht.

Ohne klug strukturierte Prozesse würden sich die Menschenmassen gar nicht bewältigen lassen. Die Dimensionen sind hier einfach ganz andere als in Deutschland. Allein das riesige Union College Hospital in Beijing behandelt pro Jahr rund 3,5 Millionen Patienten. So viele Patienten schaffen in Deutschland gerade einmal Klinikverbände.

Die meisten Ärzte können Englisch und die Behandlung ist, so meine Erfahrung, professionell und schnell. Es wird das gemacht, was notwendig ist. Und auch in einer auf Traditionelle Chinesische Medizin spezialisierten Einrichtung wird bei einer Bronchitis ein Bluttest gemacht, um zu erfahren, ob die Erreger Viren oder Bakterien sind. Nur Bakterien können mit Antibiotika bekämpft werden. Ein solcher Bluttest ist nicht eine Sache von Stunden, Tagen oder Wochen wie in Deutschland, sondern das Ergebnis gibt es meist innerhalb von 15 bis 30 Minuten. Auch andere Befunde gibt es blitzschnell, oft mit der Versicherungskarte direkt aus dem Automaten. Bei erklärungsbedürftigen Ergebnissen wird jedoch auf den Arzt verwiesen, mit dem sowieso alles besprochen wird. Mit dem Ergebnis vom Bluttest geht man dann zurück zum behandelnden Arzt. In Deutschland gibt es bei Bronchitis oft sofort Antibiotika, weil der Arzt nicht mit der Behandlung warten will, bis nach Tagen das Ergebnis des Bluttests kommt.

Die verschiedenen Abteilungen in einem chinesischen Krankenhaus sind miteinander vernetzt. Ist eine Röntgenaufnahme notwendig, so bezahlt man diese zunächst und wird dann in die Radiologie geschickt. Wenn der Arzt für die Behandlung ein Schmerzmittel verabreicht, so bezahlt man am Verwaltungsschalter oder Automaten für eine neue Ampulle, die man dann mit dem Beleg am Pharmazieschalter erhält. Die neue Ampulle bringt man wieder dem Arzt, so dass er oder sie wieder für den nächsten Patienten gerüstet ist. Viele Patienten, die akut krank und schwach sind, haben eine Begleitperson dabei, die für sie Nummern zieht, Medikamente holt und Rechnungen bezahlt. Die Ausgaben bekommt man in der Regel am Ende eines Jahres zurückerstattet, nachdem man die Belege eingereicht hat. Es gibt aber auch hier Leistungen, die man selbst zahlen muss bzw. für die eine private Zusatzversicherung aufkommt. In Deutschland haben meist nur Privatpatienten direkten Zugang zu Diagnosen und Abrechnungen, hier in China sieht jeder Patient so ziemlich alles.

Da man eben vieles zunächst selbst zahlen muss, bekommt man auch ein Gefühl für die chinesischen Preise. Eine Rundum-Röntgenaufnahme aller Zähne zum Beispiel, erscheint mir mit etwa 110 Yuan, das sind 14,60 Euro, geradezu billig. Und, wenn ich mich richtig erinnere, kostete eine professionelle Zahnreinigung umgerechnet etwa 40 Euro.

In China kommt man meist ohne Termin ins Krankenhaus und man hat normalerweise auch keinen persönlichen Arzt a la Hausarzt, sondern wird bei jeder neuen Erkrankung meist von einem anderen Doktor behandelt. Meine Zahnärztin kenne ich allerdings schon und sehe sie bald wieder, da meine Behandlung noch nicht abgeschlossen ist.

Wenn man länger in China ist, sollte man sich bemühen, zu einem Arzt ein Patienten-Hausarzt-Verhältnis aufzubauen, sodass dieser Kontrolluntersuchungen durchführen und chronische Erkrankungen langfristig behandeln kann.

Meiner Meinung nach ist es in China mindestens genauso nötig wie in Deutschland, ein mündiger Patient zu sein, der auch schon mal eine zweite Meinung einholt, für die er dann aber selbst zahlen muss. Das System des Patientenschutzes ist in China ein anderes als in Deutschland und Ärzte sind nicht durch eine Berufshaftpflicht abgesichert. Auch das sollte man wissen. Unter chinesischen Gesundheitsmanagern und Ärzten gibt es ein großes Interesse an deutschem Knowhow, auch in dieser Beziehung. Umgekehrt wollen sich Deutsche etwas von der chinesischen Effizienz abschauen.

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