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Es gibt immer wieder neue kulinarische Trends, denn Bratwurst und Brötchen, Teigtaschen und Krebse, wollen ja auch noch in 100 Jahren verkauft werden. Okay, der frittierte und panierte Krebs im Brötchen wird dabei wohl eher ein asiatisches Phänomenen bleiben.
Das Thema „Lieferservice" ist in China ziemlich ausgereizt – hier kann alles geliefert werden, von Nudelsuppe über Pizza bis zum Eis. Das letzte erfolgreicher an kalten Tagen. In Deutschland entwickelte sich nach dem Senioren-Service „Essen auf Rädern" und den Pizza-Bestelldiensten erst recht spät und langsam, gemeinsam mit Meta-Bestellplattformen, ein umfassender Lieferservice, der aber längst nicht so exzessiv genutzt wird wie in China.
Trotz des Trends, möglichst schnell zu essen, werden wir auch immer anspruchsvoller. Erstens belebt Konkurrenz das Geschäft und zweitens liefern uns Internetportale Millionen, oft erstaunlich gute, Rezepte. Food-Blogs und Restaurant-Kritiken in Videoform sowie Facebook- und WeChat-Postings zeigen uns sekündlich Bilder von leckerem Essen. Dieses Foodporn hat uns aber offenbar nicht abgestumpft, sondern die Anzahl der Gourmets erhöht und Appetit zu einem Dauerzustand gemacht.
Wir essen heute tendenziell besser, schneller und mehr als früher. Fastfood muss dabei nicht so schmecken wie bei den US-amerikanischen Ketten. Es gibt Schnellrestaurants mit Pfiff und Klasse, natürlich ist auch hier das Land der Mitte wieder ein Trendsetter.
Vor einigen Jahren eröffneten „Sushi Circle"-Restaurants in Deutschland. Die verschiedenen Nigiri-Sushi, Maki-Rollen oder Tamagoyaki, das sind kleine Omeletts und keine Tamagotchi-Tierchen,wurden jetzt nicht mehr serviert, sondern auf einem Fließband an denen im Kreis sitzenden Kunden vorbeigefahren, die nur noch zugreifen mussten. Das war neu. Das war schick und man aß mehr. Die Restaurantbesitzer sparten Servicekräfte ein. Inzwischen gibt es nicht mehr so viele dieser Restaurants. Eine originelle Umsetzung des fahrenden Essens erlebte ich einmal im Restaurant des Spreewaldbahnhofs Burg, wo kleine Eisenbahnen die Speisen brachten.
In China gibt es jetzt nun auch Feuertopf-Kreis-Restaurants nach dem „Sushi Circle"-Prinzip. Feuertopf oder chinesisches Fondue bedeutet, dass man alles Mögliche in einen Topf mit mehr oder weniger vorgewürzten kochendem Wasser tun kann. Nach dem Fließbandprinzip werden nun natürlich nicht die Feuertöpfe auf Rundreise geschickt, sondern die Zutaten.
Im Restaurant „Zhuxian" in der Yinzuo-ShoppingMall im Fengtai-Bezirk von Beijing bekommt man für umgerechnet acht, neun Euro den kompletten Feuertopf-Genuss, einschließlich eines Rahmenprogramms mit Freigetränken, Eiscreme, Hühner- und Schweinefüßen, Obst und anderen ungekochten Leckereien.
Man gibt vorher noch an, wie man die Grundsuppe gewürzt haben will, zum Beispiel scharf, oder mild mit Pilzen. Vor dem Mümmeln hinterlässt man auch einen Pfand von 10 Yuan – das sind etwa 1,30 Euro. Dieser wird einbehalten, wenn man sich die kleinen Tellerchen zu voll lädt, aber nicht alles auffuttert. Eine sinnvolle Maßnahme angesichts der immer noch weit verbreiteten Große-Augen-kleinerer-Magen-Diskrepanz.
Der Feuertopf-Kreis wirkt klein und man sitzt recht nah beieinander. Vor jedem steht ein kleiner Topf, den man unterschiedlich stark erhitzen kann.
Auf dem Fließband nähern sich kleine Schalen mit fein geschnittenem Lamm- und Rindfleisch, die man sich einfach runternimmt. Von den folgenden, größeren Anrichten nimmt man sich Fisch, Muscheln, Wurst, Fleisch und Gemüse, so viel man will, und tut es auf eigene Teller und dann in den Topf. Es empfiehlt sich übrigens, dass meist fettreiche Fleisch zuerst zu verwenden, sodass die Suppe aromatischer wird. Die Kunden können sich eigene Dips aus Sesamsauce, Knoblauch, Meeresfrüchtesauce, Kräutern und anderen Zutaten zusammenstellen.
Essensverlustängste braucht niemand zu haben, da einem die Anrichten in der nächsten Runde gut gefüllt wiederbegegnen. Es gibt diverse Meeresfrüchte, viel Fleisch, Salate, Obst und Gemüse, Variationen von Tofu, Nudeln und so viel Anderes. Apropos: Bei den Surimi-Röllchen, hatte ich nicht aufgepasst. Diese waren, glaube ich, noch in Plastikfolie gewesen, jedenfalls sahen sie nach dem Kochen so aus.
Wenn man bedenkt, dass Fleisch, Fisch und auch Gemüse in China sogar eher teurer als in Deutschland ist, verwundert einen der günstige Komplettpreis. Ich habe mich ein paar Mal gefragt, wie das geht. Miete und Mitarbeiter müssen schließlich auch bezahlt werden.
Der „Hot pot on wheels" oder „Feuertopf am Fließband" ist ein interessantes Erlebnis. Anfänger wie ich essen aber womöglich zu viel und haben dann am Ende keinen Platz mehr für Eis. Feuertopf am Fließband ist ein Trend, der bald schon wieder vorbei sein kann. Ich gehe am liebsten in Restaurants, egal ob groß oder klein, die gemütlich, verdammt gut und vielleicht noch originell sind. Bestenfalls sind die Angestellten auch noch freundlich und aufmerksam.