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Späte Heirat oder heiratsunwillig, warum heiraten die Chinesen heute ungern?
  2019-04-19 09:15:28  cri


Angaben des Staatlichen Statistikamts und des Ministeriums für Zivile Angelegenheiten zufolge ist die Heiratsrate der Chinesen fünf Jahre hintereinander gesunken. Lag die Heiratsrate 2013 noch bei 9,9 Prozent, so war sie 2018 auf 7,2 Prozent zurückgegangen. Dabei ist auch ein regionaler Unterschied deutlich erkennbar. Wirtschaftlich hoch-

entwickelte Regionen weisen meistens eine niedrigere Heiratsrate auf. Mit jeweils 4,4 und 5,9 Prozent waren die südchinesische Metropole Shanghai und die ostchinesische Küstenprovinz Zhejiang 2018 die Schlusslichter im ganzen Land. Hingegen haben Einwohner in den wirtschaftlich unterentwickelten Gebieten wie das Autonome Gebiet Tibet, die nordwestchinesische Provinz Qinghai und die südwestchinesische Provinz Guizhou den stärksten „Heiratswillen".

Viele Menschen zeigten Verständnis für diese Entwicklung. Denn in den Augen der jüngeren Generation ist ein hochqualitatives Singleleben besser als eine Ehe von niedriger Qualität. Die 30-jährige Yang Le meint, dass diejenigen, die das Singleleben als unnormal betrachteten, einfach zu konservativ seien. Sie mache sich selbst gar keine Sorgen, im besten Heiratsalter noch allein zu sein. Yang verdient recht gut und muss keime Kredite, wie etwa für eine gekaufte Wohnung, bedienen. Sie geht einmal in der Woche ins Fitnessstudio und verreist gern mit Freunden. Im Vergleich zu ihren verheirateten Altersgenossen sei sie sorgloser und selbstbewusster, erzählt Yang. Sie bezeichnet sich selbst zwar nicht als heiratsunlustig, aber sie habe eben auch keinen dringenden Wunsch nach einer Eheschließung. Es gebe kein allgemein gültiges Muster, in welchem Alter man heiraten und Kinder kriegen solle, meint die junge Dame. Viele, die in den 80er und 90er Jahren geboren sind, teilen die Ansicht von Yang.

Soziologe Lu Jiehua von der Peking-Universität führt dies auf veränderte Vorstellungen von Ehe und Familie aufgrund der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung zurück. Späte Heirat und das Singleleben würden bei Menschen, die in den 80er und 90er Jahren geboren sind, immer populärer werden. Zudem sei die Gesellschaft toleranter geworden. Die Ehe sei nicht für alle die einzige Wahl.

Andererseits sind die wachsenden Lebenskosten und Kosten für Kindererziehung Gründe für das sinkende Interesse am Heiraten. Experten zufolge haben die jungen Leute von heute einen starken Individualitätsbewusstsein und sie sind weniger bereit, die Last einer Familie zu tragen. Sie wollen einen Geschlechtspartner haben, aber nicht heiraten.

Ein weiterer Grund für die niedrige Eheschließungsrate liegt in dem sinkenden Heiratswillen von Frauen. Anders als in der Vergangenheit, wo die Ehe der einzige Weg für Frauen war, eine gewisse Stellung in der Gesellschaft einzunehmen und ein erfolgreiches Leben zu führen, ist die Gesellschaft von heute immer toleranter und offener geworden. So haben sich viele Frauen für eine späte Heirat oder gar keine Eheschließung entschieden.

Liu Yuanju, Wissenschaftler am Shanghaier Institut für Finanzen und Jura, meint, die niedrige Heiratsrate sei in dem Prozess der Wirtschaftsentwicklung und der Urbanisierung eine normale Folgeerscheinung. Um diesem Phänomen entgegenzuwirken müsse die Regierung Fördermaßnahmen ergreifen, um die gegenwärtige Geburtenrate zu erhöhen.

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