Wenn ein Mann und eine Frau unter demselben Dach wohnen, dann kann das in Chinas Großstädten verschiedene Gründe haben: Ehe, WG von früh erwachsenen Geschwistern oder auch Scheidung. Zunehmend leben mehr und mehr geschiedene Paare weiterhin zusammen.

Yuan und seine Ex-Frau Lu sind in genau dieser Situation. Die geschiedenen Ehepartner sind beide 32 Jahre alt und leben in Shanghai. Schon während ihres Studiums waren sie ein Paar. Vor fünf Jahren haben sie geheiratet und wurden im Oktober vergangenen Jahres geschieden. Da sie sich nicht einigen konnten, wie sie ihre acht Millionen Yuan (1,2 Millionen Euro) teure Wohnung aufteilen sollten, entschlossen sie sich, in dieser Wohnung weiter zusammen zu leben.

„Keiner von uns kann sich die Hälfte der Wohnung leisten, und keiner von uns will ausziehen und eine kleine, schäbige Wohnung im Außenbezirk mieten, damit würde einiges an Lebensqualität verloren gehen", sagte Yuan.

Eheberater und Scheidungsanwälte gaben an, dass seit 2016 mehrere frühere Ehepartner in der Altersklasse zwischen 30 und 40 Jahren gezwungen waren, weiter zusammen zu leben, vor allem in den Städten Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen.

„Manche Leute meinen, dass die Wohnungspreise derzeit ein wenig sinken. Sie warten auf weitere Preisrückgänge, während andere geschiedene Ehepaare die Aufteilung ihrer Immobilien bislang noch nicht vereinbaren konnten", sagte Shu Xin, Direktor der Weiqing Group, einer Firma für Eheberatungen, die seit achtzehn Jahren in Shanghai tätig ist.

Angaben des Ministeriums für zivile Angelegenheiten zufolge wurden im Jahr 2017 landesweit mehr als 4,3 Millionen Ehepaare geschieden. Die Scheidungsrate steigt seit Jahren ständig an.

Im Gegenzug wurden im Jahr 2017 etwa 10,6 Millionen neue Ehen registriert. Dabei handelt es sich um einen siebenprozentigen Rückgang gegenüber dem Vorjahr und zugleich die geringste Zahl seit 2013.

„Genauso wie bei der hohen Scheidungsrate, steht der Rückgang der Heiratsrate in engem Zusammenhang mit den überaus hohen Wohnungspreisen, insbesondere in manchen Großstädten ", sagte Li Jianmin, Professor für Demografie am Institut für Bevölkerung und Entwicklung an der Naikai Universität in der nordchinesischen Hafenmetropole Tianjin.