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Qingming lässt sich in etwa mit „helles Licht" übersetzen. Das Qingming-Fest blickt in China auf eine lange Tradition zurück. Die ersten Ursprünge des Feiertages gehen dabei auf frühe Entwicklungen in den Bestattungsbräuchen und dem Gedenken an die Ahnen der Familie zurück. Bis heute ist Qingming ein traditionelles Fest zur Erinnerung an die Verstorbenen.
Anders als der Totensonntag, der in Deutschland im November gefeiert wird, fällt das chinesische Totenfest laut chinesischem Mondkalender auf den 106. Tag nach der Wintersonnenwende (Dong Zhi). Übertragen auf den westlichen Kalender entspricht das dem 4. beziehungsweise dem 5. April. Übrigens ist das Qingming-Fest einer der 24 Tage, anhand derer das chinesische Mondjahr in kleinere Abschnitte unterteilt wird.
Von den Wurzeln des Qingming-Festes berichtet uns eine alte Legende. Die entsprechende Geschichte möchten wir im Folgenden kurz vorstellen:
Vor mehr als 2.000 Jahren lebte im Reich der Jin ein Kronprinz namens Chong'er. Nachdem das Reich seines Vaters von Feinden erobert worden war, musste sich der Prinz ins Exil begeben und führte fernab seiner Heimat ein hartes Leben voller Entbehrungen. Dabei wich ein besonders treuer Diener namens Jie Zhitui niemals von seiner Seite. Als Chong'er eines Tages an Hunger litt, schnitt sich Jie Zhitui eigenhändig ein Stück Fleisch aus seinem Körper, um seinen Herrn vor dem Hungertod zu bewahren. Nach einiger Zeit konnte Chong'er schließlich in seine Heimat zurückkehren und bestieg den Thron seines Vaters. Nun wollte er seinen Retter gebührend für seine Dienste belohnen. Doch Jie Zhitui lehnte jede Form von Zuwendungen und Geschenken ab. Stattdessen zog er sich gemeinsam mit seiner Mutter ins Gebirge zurück und führte ein abgeschiedenes Eremitenleben. Um nun seinen früheren Diener aus seinem Versteck hervorzulocken, ließ Chong'er im ganzen Gebirge Feuer legen. Er hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass Jie Zhitui und seine Mutter in den Flammen ihr Leben verlieren würden. Im Gedenken an seinen verstorbenen Diener erklärte er den Todestag Jie Zhituis zum Feiertag, an dem kein Feuer entzündet werden dürfe. Am Folgetag solle man zudem der Verstorbenen gedenken, so der Beschluss Chong'ers. In späterer Zeit wurden diese beiden Feiertage schließlich zusammengelegt und werden seither als Qingmingjie bezeichnet.
Da sich in diesem Brauch auch die Tugenden der Kindespietät und des Gedenkens an die Ahnen und Helden widerspiegeln, fand das Fest in ganz China großen Anklang. Auch im Ausland lebende Chinesen begehen das Fest jedes Jahr. In ihren Augen verkörpert der Feiertag eine der wichtigen Verbindungen zur Heimat und Kultur ihrer Vorfahren.
Heutzutage erinnert man sich am Tag des Qingming-Festes der verstorbenen Vorfahren, aber auch die Opfer und Märtyrer der Revolutionen und Kriege werden bedacht. Die Menschen besuchen die Gräber und Urnen der Toten und bringen Opfergaben wie Obst oder Blumen dar. Die Opferzeremonien finden zumeist auf dem Friedhof, in Tempeln oder auch im eigenen Haus statt. Dabei können die entsprechenden Feierlichkeiten bereits zehn Tage vor dem eigentlichen Qingming-Fest beginnen und dauern zum Teil bis zu einem Monat nach dem Fest an.
Da das Qingmingjie in den Frühling fällt und die Gräser und Bäume zu dieser Zeit zu sprießen beginnen, nutzen viele Familien den Feiertag außerdem für Ausflüge in die Natur. Dort lassen sie Drachen steigen und erfreuen sich an der blühenden Frühlingslandschaft. Aus diesem Grund wird das Qingming-Fest auch als Taqing-Fest bezeichnet, also das „Fest des Betretens des Grünen". Durch diesen Namen und die Ausflüge in die Natur erhält der Feiertag eine zusätzliche, etwas fröhlichere Bedeutung.