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Ein crazy Flop: Crazy Rich Asians in China
  2018-12-06 10:06:11  cri

 

Wir haben vor einigen Wochen schon vom Hollywood-Kassenschlager „Crazy Rich Asians" berichtet. Der Film, der in Deutschland eher als Geheimtipp namens „Crazy Rich" lief, hat mittlerweile 237 Millionen Dollar eingespielt. Fast das Achtfache seiner Produktionskosten.

Der Film zeichnet sich durch eine kleine Besonderheit aus. Obwohl es sich um eine RomCom aus Hollywood handelt, ist der gesamte Cast asiatisch. Das ist eher eine Seltenheit in Hollywood. Gerade deshalb sind wir bei dem letzten Bericht über „Crazy Rich Asians" mit der offenen Frage geschieden, wie der Film denn wohl auf dem chinesischen Markt abschneiden würde. Der hiesige Filmmarkt gilt ja häufig als Zünglein an der Waage für einen Kassenerfolg.

Damals schien es noch so, als würde er gar nicht erst in die Kinos der Volksrepublik kommen. Doch das hat sich geändert. Letzten Freitag ist er hier endlich angelaufen. Doch hat er auch das Publikum erreicht oder ist für das chinesische Publikum eine romantische Komödie mit nur asiatischen Darstellern das Normalste der Welt?

Bevor wir dieser Frage nachgehen, folgt eine kurze Auffrischung in der Handlung. Im Film geht es um Rachel, eine junge Amerikanerin mit chinesischen Wurzeln. Ihr Freund Nick lädt sie zu einer Familienfeier bei seinen Eltern in Singapur ein. Dort erfährt sie, dass er aus einer superreichen Unternehmerfamilie stammt, in der sich Rachel erst einmal beweisen und um die Gunst der zukünftigen Schwiegermutter buhlen muss.

Nun kommen wir endlich zur Antwort auf unsere Frage: der Film floppte in China. Nach dem Eröffnungswochenende lag er in den chinesischen Kinocharts auf Platz acht. Knapp etwas mehr als eine Million Dollar konnte er am vergangenen Wochenende einspielen. Um diese Zahl ins Verhältnis zu setzen, muss man gewahr werden, dass der Superhelden-Blockbuster „Venom", der kürzlich in China angekommen ist, an seinem Eröffnungswochenende das 111-fache einspielt hat, also 111 Millionen Dollar.

Disharmonisch und beschämend - mit diesen Worten beschreiben Kinogänger den Film auf der chinesischen Kinoplattform mtime.com. Es geht bis hin zum Vorwurf eines unterschwelligen Rassismus, der sich im Blick herab auf chinesische Familien und chinesische Kultur sowie dem Klischee der asiatischen Schickeria wiederspiegle. Es wird das Bild vermittelt, so einer der Kommentatoren, als wäre das Alltagleben in China organisiert von der feudalen Familie, der man zu gehorchen habe, während man vom Westen noch lernen könne, was authentische Liebe sei. Selbst der ABC-Muster-RomCom-Plot wird fast schon als unfreiwillige Parodie auf das Genre verstanden.

Einige Kritiker beschweren sich über die schwache Figur des Mauerblümchens, das von der Hauptdarstellerin verkörpert wird. Ebenso kommt Kritik an den eher mäßigen chinesischen Sprachkenntnissen auf, die an wenigen Stellen zwischen all dem Englischen hin und wieder durchblitzen.

Natürlich finden sich im Film auch Elemente chinesischer Kultur, so werden gemeinsam Jiaozi geformt, Mah-Jongg gespielt und sich an chinesischen Hochzeitsritten orientiert. Auf der anderen Seite wird China und chinesische Kultur aber auch ein bisschen als fremd, unnahbar und exotisch dargestellt. Dieser Exotismus möge vielleicht einen Reiz auf das westliche Publikum ausüben, aber findet wenig Anklang im chinesischen Alltagsleben, bemängeln die Kommentatoren.

Einer der Top-Poster auf mtime geht sogar so weit, diesen Film als völligen Fehltritt zu bezeichnen. Er sei weder ästhetisch noch kulturell irgendwie mit asiatischer Kultur verbunden. Die übertriebene Absurdität des Films, so der Autor des Kommentars, liege im Luxus und befriedige eine westliche Fantasie. Ähnlich hört sich auch in einem Kommentar von David Blair in der chinesischen Zeitung China Daily an. Dieser stellt mit Erschrecken fest, dass der präsentierte Reichtum keinerlei ironische Brechung erfährt – er sei, was er eben ist, übertriebener Reichtum, der als gut und erstrebenswert angepriesen werde. Warum dieses Thema bisher in den Kritiken kaum zu Wort gekommen ist, verblüfft den Kommentator zu Recht.

Der Film mag in der westlichen Welt ein wichtiger Erfolg gewesen sein, gerade in Hinsicht auf Diversität, Repräsentation von Minderheiten und Vielfalt. In China war er aber nichts Besonderes.

Eine Fortsetzung, basierend auf dem Buch „China Rich Girlfriend", ist bereits in Planung. Vielleicht kann dann eine kleine Änderung der Szenerie in Richtung chinesischen Alltagslebens ein kleines Wunder bewirken. Wir werden es sehen.

Text: Maik Rudolph

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