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Die Beijinger und der Regen
  2018-07-31 11:21:15  cri

 

Regen über Beijing – naja nun ist er auch schon fast wieder vorbei. Der Tropfen, der vom Himmel fällt, sorgt in dieser Stadt immer für Aufregung: Entweder weil er fehlt oder weil viel zu viel davon da ist.

Am Anfang dieses Jahres warteten die Beijinger mehr als 130 Tage, bis ein wenig Regen auf die Erde prasselte. Jährlich werden hier neue Rekorde der Trockenperiode aufgestellt. Üblicherweise zieht diese sich durch den Winter. Dieser ist hier zwar unglaublich frisch, aber durch die zehrende Trockenheit auch etwas erträglicher, als wenn zu viel Luftfeuchtigkeit den Raum einnehmen würde.

Im Jahresdurchschnitt schafft es Beijing gerade einmal auf 46 Regentage. Das ist weniger als die Hälfte der Niederschlagstage in Berlin oder ein Drittel der Durchschnittsregentage in Hamburg und München.

Juli und August sind mit zehn und neun durchschnittlichen Regentagen die intensivsten Monate für Niederschlag in Beijing.

Wie man an den geringen Zahlen erkennen kann, kommen die wenigen Regentage überraschend aber dafür umso intensiver. Es geht also direkt vom Regen in die Traufe und ganz Beijing spannt den Schirm auf.

Die Schirme bilden ein faszinierendes Regendach, das die Straßen Beijings füllt. Regenschirme sind hier in jeder Altersstufe en vogue und behindern jeden zügigen Fußgänger, besonders wenn er einen Kopf größer ist. Während man in Deutschland zur teuren Outdoorjacke mit einer Wassersäule von 20.000 Millimetern greift, um früh zum Bäcker zu huschen, besinnt man sich hier auf den mobilen Schirm.

Regenschirme sind Gebrauchsgegenstände, die dennoch mit Bedacht gewählt werden. Im Supermarkt vermag man hin und wieder einen Beijinger Kunden erblicken, der vor dem Schirmregal fein säuberlich den Gegenstand der Begierde beäugt, testet und gegen andere Modelle abwägt, die im ersten Moment und für den Laien reichlich identisch aussehen.

Eine Outdoorjacke ist auch nicht wirklich nötig in dieser Stadt. Es mag zwar regnen, dennoch herrschen Temperaturen von über 30 Grad Celsius. Selbst wenn man etwas nass wird, ist man kurz darauf schon wieder trocken.

Doch nicht nur Schirme kommen zum Einsatz. Teilweise beschleicht einen das Gefühl, als herrsche eine regelrechte Panik vor Regen in Beijing. Das mag natürlich nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass es nur sehr, sehr selten hier regnet. Schon wenn es anfängt zu Nieseln, werden absurde Regenschutzüberschuhe ausgepackt, und man schlüpft in Gummistiefel.

Das ist auch gar keine schlechte Idee. Viele Straßen der Stadt sind nicht unbedingt auf Regenabfluss ausgelegt. Man strandet schnell an einer Kreuzung mit anderen Passanten und pausiert etwas, da es unmöglich erscheint, auf die andere Seite zu gelangen, ohne bis über dem Knöchel durch ein gestautes Regenmeer zu waden.

Oder man strandet mit vielen anderen Passanten in der U-Bahnschlange beim Verlassen der Station, da alle plötzlich feststellen, es regnet und bei der verzweifelten Suche nach einem Schirm lieber die Rush Hour aufhalten, statt andere Passanten weitergehen zu lassen.

Eine kleine Massenhysterie herrscht also auf den Straßen Beijings im Regen. Es kann dir hier auch passieren, dass deine Freunde dich anrufen und dir nachdrücklich raten bitte, nicht das Haus zu verlassen, denn es regnet. Diese Attitüde gegenüber dem Niederschlag mag ein bisschen spezifisch für den Norden Chinas und besonders das trockene Beijing sein. Die Hysterie wird auch bald vorüber sein, wenn der Regen nachlässt und die Trockenwelle einige heiße und in wenigen Monaten auch klirrend kalte Tage beschert.

Text und Bilder: Maik Rudolph

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