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Liangjiahe 2: "Ich sehe in mir einen Menschen aus Yan'an"
  2018-07-02 16:42:29  cri


Zuinnerst betrachtet Xi Jinping sich konstant als einen der Einheimischen Yan'ans.

So wie er es am 14. August 2004 während seiner Amtszeit als Parteisekretär der Provinz Zhejiang in einem Exklusivinterview mit dem Yan'aner Rundfunk sagt. Er wird gefragt, ob er sich für jemand hält, der durch und durch aus Yan'an stammt. "Tatsächlich", antwortet er spontan. „Ich halte mich für jemand aus Yan'an, wo ich einen Verbindungspunkt meines Lebens erlebt habe…. Wie ich heute denke und welchen Charakter ich heute habe, geht vor allem auf die Zeit in Yan'an zurück. Selbstverständlich sehe ich in mir einen Menschen aus Yan'an."

Am 22. Dezember 1968 rief Vorsitzender Mao Zedong Jugendliche mit Schulbildung auf, aufs Land zu gehen, um dort die notwendige Erziehung von „armen und unteren Mittelbauern" erteilt zu bekommen. Maos Aufruf folgend verlassen landesweit 17 Mio. Jugendliche ihre Heimatstädte und begeben sich aufs Land. Auf sie wartet eine unvergessliche Lebensphase.

Der junge Xi Jinping beteiligt sich auch an der Wanderung, die ihn von Beijing nach Yan'an, der Hochburg der chinesischen Revolution, bringt.

Am 16. Januar erreichen Xi Jinping und seine Kumpel die Kommune Wenanyi im Kreis Yanchuan. Anschließend werden sie aufgeteilt und zu den Produktionsbrigaden der Kommune geschickt.

Unter allen Jugendlichen, die nach Liangjiahe sollen, ist Xi Jinping der jüngste. Liang Yuming, der damals der Parteisekretär der Produktionsbrigade Liangjiahe war, erinnert sich immer noch daran, dass Xi Jinping einen mit Büchern voll bepackten Koffer mit sich führte, der eine Schicht Kokosfaser als Belag hatte. Liang erzählt, wie ein junger Landwirt sich einen kleinen Koffer aussucht, als die Dorfeinwohner die Jugendlichen aus der Stadt begrüßen und ihr Gepäck abholen. Auf dem Weg fällt der junge Landwirt jedoch zurück. Er konnte feststellen, dass größere Koffer, die von anderen Bauern getragen werden, viel leichter sind, als er während der Pause zufällig die größeren probiert. Erst in Liangjiahe angekommen erkennt man, dass Xi Jinping eigentlich zwei Koffer dabei hat. Neben dem mit dem Kokosfaser-Belag hat er noch einen Lederkoffer. Ebenfalls vollbepackt mit Büchern.

Ein großer und schlanker Junge von heller Gesichtsfarbe - das ist der erste Eindruck der Einwohner von Xi Jinping.

Mehr als 200 Menschen in 60 Familien leben in Liangjiahe. Durch das Dorf schlängelt sich ein Flüsschen, an dessen Ufern Berge stehen. Zu Fuße der Berge sind für die Region am Lößplateau typische Wohnhöhlen. Karge Lößgebirge, soweit das Auge reicht. Langsam wird es dunkel. Das Dorf wirkt wie von Sternchen besät, wenn hinter Fenstern der Wohnhöhlen kleine Öllampen beginnen zu flimmern. Im Dorf findet man kein Stück Boden größer als 100 Quadratmeter, der flach und eben ist.

Xi Jinping sagte damals: "So soll das Leben der uralten Oberen Höhlenmenschen aussehen!"

So beginnt das Leben auf dem Land… Die Bauern betrachten neugierig die Jugendlichen aus Beijing. Ebenso neugierig schauen sich die Jugendlichen die Bauern an.

Eine Begegnung zwischen Stadt und Land. Ein Kennenlernen zwischen einer Gruppe Jugendlicher, die sich von einer Mission getrieben fühlen, und den Landwirten aus der unteren Schicht der Gesellschaft.

Die Zeit vergeht schnell. Das Frühlingsfest von 1969 kommt. Die Jugendlichen aus der Stadt bewirtet man in Yan'an mit einem Tisch voller Gerichte, so wie man Gäste pflegt zu behandeln: Neben geschmortem Fleisch, das in vier Schlüsselchen serviert wird, kommen auch gebratenes Hühnerfleisch, Fleischklößchen und Rippenstücke auf den Tisch. Dazu noch Reiswein. Ein echtes Luxusessen also in der Zeit, wo materielle Knappheit herrscht. Zu der Überraschung der Jugendlichen aus der Stadt: „Mann, so leckeres Essen gibt es in Nord-Shaanxi doch auch!"

Die Freude ist schnell vorbei. Liangjiahe zeigt nun sein wahres Gesicht.

Wenn das Laternenfest zwei Wochen nach dem Frühlingsfest vorbei ist, sind manche Häuser abgeschlossen. Die Menschen sind weg.

Die Menschen verlassen zu dieser Zeit so hintereinander ihr Dorf und beteiligen sich an der Truppe der Bettler, als ob sie sich vorher abgesprochen hätten. Im Kreis Yanchuan ist zu dieser Zeit fast die Hälfte der Dörfer leer. Die Menschen wandern irgendwohin um zu betteln.

Im Interview mit dem Yan'aner Rundfunk 2004 erinnert sich Xi Jinping daran, worüber man am meisten über ihn redet: Er füttere Hunde mit Brötchen. Beim Aufräumen entdecke er in seiner Tasche das halbe Brötchen, das er aus Beijing mitbrachte, und es sei verschimmelt und nicht mehr genießbar. Er werfe es einfach auf die Hunde. Von Brötchen haben die Bauern nie gehört, geschweige denn ein Brötchen gegessen. Sie können sich so Wertvolles nicht als Hundefutter vorstellen. Jugendliche mit Schulbildung gingen verschwenderisch mit Nahrungsmitteln um, sagen sie. Das kursiert schnell über den ganzen Kreis Yanchuan.

Im Artikel "Ich bin Sohn des Lösses" reflektiert Xi Jinping über sein Leben in Liangjiahe: "Während meiner Zeit auf dem Land war ich noch jung, dachte nicht langfristig und beachtete daher die Frage der Solidarität nicht. Während andere täglich auf dem Berg Arbeit verrichteten, benahm ich mich etwas leichtsinnig. Die Menschen dort haben also keinen guten Eindruck von mir."

Dass Xi Jinping von Solidarität redet, ist auf den Einfluss seines Vaters Xi Zhongxun zurückzuführen. Xi Jinping sagt: "Mein Vater erklärt uns oft die Wichtigkeit der Solidarität. Er verlangt von uns, auf Solidarität zu achten und solidarisch zu sein, und zwar von klein auf. Wir leben in der Gesellschaft. Es geht einfach nicht, wenn man immer nur an sich selbst denkt."

Xi Jinping behält also die Idee der Solidarität im Hinterkopf und identifiziert sich mit den Massen. Er will sich nun auf dem Lande einleben. Es ist ausgerechnet die Idee der Solidarität, die ihn dazu veranlasst, sich auf die Volksmassen zu berufen und sich mit ihnen solidarisch zu benehmen. Er versteht sich darauf, Menschen um sich zu vereinen. Das gehört zu seinem Führungsstil.

Xi Jinping gibt sich Mühe, den Unterschied zwischen einem Jungen aus Beijing und einem aus dem Lande zu verkleinern. Er tut so, als ob er ein anderer Mensch geworden ist.

Das Unerträglichste für Xi Jinping und das, was ihn am meisten nervt in Liangjiahe, sind die Flöhe. Seine Haut ist empfindlich. Kratzt er sich die Stichstelle, bekommt er dann rote Ausschläge. Je mehr er kratzt, desto mehr jucken die Stellen. Er fühlt sich unbeschreiblich irritiert. Shi Chunyang, der damals mit Xi Jinping zusammenarbeitete, berichtet von Narben, die durch Floh- und Lausstiche entstanden. Er sah an Xis Schienbeinen Ausschläge, neu gebildete Krusten und von Blut durchtränkte Stellen, wo alte Krusten abgekratzt wurden.

Xi Jinping und seine Freunde tun alles gegen die Flöhe. Zwei Jahre später kann Xi Jinping sich daran gewöhnen. Er kann schnell einschlafen und lässt sich nicht stören, egal wie lästig die Flohstiche sind.

Nun ist Xi Jinping nicht mehr als jemand aus der Stadt zu erkennen. Er versteht sich gut mit den Jugendlichen aus dem Dorf. Seine Schuhe schenkt er Landwirten, die aus ärmeren Verhältnissen stammen. Im Dorf spielt er mehrere Rollen: Als Friseur kürzt er anderen Jugendlichen die Haare. Er fungiert auch einmal als Schwimmtrainer und bringt anderen Brustschwimmen bei.

Der Junge aus Beijing wird nun ganz und gar von den Dorfeinwohnern akzeptiert. Und Xi Jinping ist nun auch jemand, durch den die Einwohner die Außenwelt kennenlernen können.

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