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WeChat: Eine App fürs Leben
  2018-06-26 15:45:02  cri

Der Wecker klingelt. Monika greift zum Handy und stellt ihn aus. Sie legt das Handy nicht zurück, sondern checkt ihre Nachrichten. Kommuniziert wird in China hauptsächlich über WeChat. Diese App ist weit mehr als ein Messenger-Dienst.

Monika hat von einem Arbeitskollegen ein Text-Dokument bekommen, das sie noch lesen soll. Eine Freundin hat ihr ein Schweinchen geschickt, das unter der Textnachricht „Ich habe gestern viel zu viel gegessen, bin immer noch voll!" zu sehen ist. Es handelt sich nicht um einen gewöhnlichen Smiley, wie man ihn von WhatsApp oder anderen westlichen Applikationen her kennt. Das Schweinchen ist animiert, es schnarcht neben leergefressenen Schüsseln.

Im Arbeitsgruppen-Chat wird über den Wochendienstplan gesprochen. Es gibt auf WeChat keine Trennung von beruflichen und privaten Kontakten. Es gibt keine wirklichen Sperrzeiten, um zum Beispiel nach einer bestimmten Uhrzeit keine beruflichen E-Mails mehr zu empfangen. Das entspricht aber durchaus der emsigen chinesischen Arbeitsweise.

Monika hat heute viel zu tun. Sie will schnell zur Arbeit. Auf dem Fußgängerweg stehen sehr viele Fahrräder in unterschiedlichen Formen und Farben, sogenannte Sharing-Bikes. Auf den orangenen ist das grüne WeChat-Zeichen zu sehen, zwei Smiley-Spruchblasen, die ein Gespräch symbolisieren sollen. Monika öffnet die App und geht auf Miniprogramme, also Apps in der App, die aber kaum Ressourcen und keinen Speicher fressen. Dort, über dem Programm für die Essensbestellung, befindet sich ein Fahrrad-Symbol. Das Ausleihen geht schnell: Den QR-Code am Lenker des Rads einscannen und das Speichenschloss öffnet sich mit einem Klacken. Vorm U-Bahnhof stellt sie das Rad dann wieder ab und schließt das Schloss ab. Der Ausleihvorgang ist damit abgeschlossen.

Am Zielbahnhof geht sie zu einem Getränke-Automaten. Kaum hat sie ihre Wahl getroffen, erscheint auf dem Display schon der QR-Code und sie kann mit WePay zahlen. Mit dieser Bezahlfunktion kann man Einkäufe online und in Geschäften bezahlen, Strom, Wasser, Gas und Bußgelder bezahlen.

Beim Meeting sind Kollegen von einem europäischen Standort der Firma da. Monika öffnet die Scan-Funktion und liest den QR-Code eines der Kollegen ein und dieser bestätigt dann die Freundschaftsanfrage. Visiten-Karten werden zwar auch noch ausgetauscht, aber entscheidend ist der WeChat-Kontakt.

Die App ist vor allem in China und einigen weiteren asiatischen Ländern verbreitet. Mehr als eine Milliarde Menschen nutzen sie. Und wenn Chinesen reisen, dann kommunizieren sie mit den Lieben daheim per WeChat, Video- und Audio-Chat eingeschlossen.

Wer sich die Zeit vertreiben will, kann auf WeChat auch spielen. Jeder kann ein Album anlegen, mit wichtigen Momenten aus seinem Leben, in Form von Videos, Fotos und Texten. Man kann Nachrichten und Produkte teilen, wobei man direkt über den Link dann bestellen kann. Millionen von Firmen sind auf WeChat engagiert, weil hier ihre Kunden viel Zeit verbringen.

Monika ist auf einen schnellen Kaffee in der Cafeteria. Sie würde gerne wissen, wie das Lied heißt, das da gespielt wird. Sie geht auf „Entdecken", dann auf „Schütteln" und schließlich auf Musik. Schüttelt sie nun ihr Handy, wird das Lied mit einer Onlinedatenbank abgeglichen. Es ist „Wish you were here" von Pink Floyd.

Durch Schütteln kann man auch Leute aus aller Welt kennenlernen, die auch gerade ihr Handy schütteln. Mit einem anderen Programm kann man Leute aus der näheren Umgebung kontaktieren.

WeChat ist zu einem Social-Media-Planeten  gewachsen, den man, wenn es so weiter geht, gar nicht mehr verlassen muss.

Vielleicht lassen sich ja aber andere Internetkonzerne auch noch etwas einfallen. Denn Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft.

Zur U-Bahn läuft Monika diesmal, um noch etwas für ihr WeRun zu tun, ein Programm, das die Schritte des Tages zählt und mit den Ergebnissen der Freunde in einer Rangliste vergleicht. Es nutzt nichts, wieder hat der Chef gewonnen.

Text von: Nils Bergemann

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