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Florian Gallenberger über John Rabe und Filmdrehs in China
  2018-05-03 10:41:06  CRI

 

Benjamin Herrmann (Produzent), Michael Gallenberger (Regie), Ulrich Tukur (Hauptdarsteller, John Rabe)

Florian Gallenberger drehte vor neun Jahren ein Portrait über die Zeit John Rabes in Nanjing. Der Film „John Rabe", mit Ulrich Tukur in der titelgebenden Hauptrolle, ging damals durch die deutschen Kinos.

Die Geschichte von John Rabe spielte im Jahr 1937, zur Zeit des Massakers von Nanjing. Die spannende und ambivalente Figur des Rabes war Statthalter der dortigen Siemens-Niederlassung. Er hat unzähligen Chinesen beim Massaker durch die Japaner Schutz geboten und zur Etablierung einer zivilen Schutzzone beigetragen. Die Geschichte ist in Deutschland überraschend unbekannt, wie auch der Regisseur gesteht.

Wir haben uns mit Florian Gallenberger unterhalten, um mehr über die Besonderheiten eines Filmdrehs in China zu erfahren.

Als erstes kommt einem jedem bestimmt die Frage nach der Sprache in den Sinn. Herr Gallenberger erklärte, dass jedes Department des Drehteams einen eigenen Übersetzer als zentrale Figur hatte, sei es ein professioneller Übersetzer oder ein zweisprachiger Mitarbeiter.

„Es war jedem klar, dass man manchmal eben ein bisschen Geduld haben muss, dass sich manche Sachen auch vielleicht nicht beim ersten Mal perfekt übersetzen lassen. Was dann ein bisschen schwieriger wurde ist, wir hatten ja auch japanische Darsteller, wir hatten ein koreanisches Special Effects Team – es gab so einige Drehtage, wo die Sprachen Deutsch, Englisch, Japanisch, Chinesisch, Koreanisch am Set irgendwie zirkulierten und da konnte es sich tatsächlich manchmal ein bisschen anfühlen, wie Babylon. Aber das hat eigentlich mehr Spaß gemacht, als es ein Problem war."

Auch unter den international gemischten Schauspielern gab es keine Konflikte, erklärte Gallenberger. Stattdessen herrschte ein gemeinsames Interesse der Verständigung über dieses Thema. So lobt er auch die japanischen Schauspieler, die es gewagt haben, an diesem Film teilzunehmen und ein großes Tabu zu brechen, denn das Massaker von Nanjing wird von der japanischen Regierung bis heute nicht anerkannt.

Die Genehmigung für den Dreh zu bekommen, stellte sich als etwas tückischer dar. Da das Thema Nanjing, wie Gallenberger erklärt, ein regelrecht identitätsstiftendes Thema für China sei, bestand die Regierung darauf, eine eigene Filmproduktion auf die Beine zu stellen. Letztendlich wurden beide Filme parallel gedreht:

„Bei der Herstellung des Films an sich, muss ich sagen, haben wir vollkommenen Freiheit gehabt und auch Unterstützung an allen Ecken und Enden. Die konkrete Herstellung des Films in China war hervorragend. Wir hätten diesen Film in dieser Größenordnung, mit den Ressourcen, die wir hatten, in keinem anderen Land der Welt so machen können, wie in China. Das war ganz toll."

Die parallelen Dreharbeiten führten auch zu verwirrender Logistik:

„Wie Sie sicherlich wissen, wurde zeitgleich Lu Chuans Film gedreht, was auch lustige Schwierigkeiten mit sich brachte, da es in China nur eine sehr begrenzte Anzahl von Requisiten gibt, die für diesen Film notwendig waren. Also es gibt zwei japanische Panzer in China, die mussten dann immer zwischen seinem und unserem Dreh hin und her transportiert werden und das sind 1.500 Kilometer gewesen. Das war logistisch dann teilweise sehr aufwendig. Für kleinere japanische Rollen gibt es nur sehr wenige Schauspieler, die in China leben. Die sind dann in beiden Filmen immer hin und her gefahren und so. Das war aber auch kein Problem und ich habe das eigentlich auch ganz interessant gefunden."

Zeitgleich mit einer chinesischen Produktion zum selben Thema konkurrierend hat „John Rabe" nicht die besten Startvoraussetzungen in den chinesischen Kinos gehabt. Die Premiere hinterließ dennoch einen großen Eindruck. Der Enkel von John Rabe war ebenso vor Ort:

„Wir hatten eine große Publikumsvorführung gemacht, in Shanghai, und Thomas Rabe hatte die Originaltagebücher von John Rabe dabei. Und jetzt wissen Sie auch, dass Bücher in China eine Respektssache sind und er kam auf die Bühne und sagte, hier ist das Originaltagebuch. Das war ein wahnsinnig bewegender Moment, da sind die Leute in China im Kino aufgestanden und sind nach vorne gekommen, um diese Bücher anzuschauen, wirklich mit einer unglaublichen Bewunderung. Und dann sagte eine alte Dame, also 70, 80 Jahre alt, mindestens. Sie sagte, also wenn das das originale Tagebuch ist, dann bin ich in diesem Buch. Dann sagten wir ‚wie das' und dann blätterten wir und dann stellt sich heraus, die Dame ist die Tochter von Han, dem chinesischen Assistenten von John Rabe, und es gibt in dem Buch ein Foto von John Rabe, Han und seiner drei-, vierjährigen Tochter, die er auf dem Arm hält. Da muss ich sagen, dass war auch einer der wirklich bewegendsten Momente für mich, wo man sieht ja, klar ist es ein Film, aber in Wirklichkeit ist es eine wahre Geschichte, in der wahre, wirkliche Menschen vorgekommen sind und die Dame, die diese Zeit überlebt hat und dann in dem Kino ist und im Buch steht, das war ein sehr starker Moment."

Text und Interview: Maik Rudolph

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