Aufgrund der wachsenden Anzahl von Senioren einerseits und des Mangels an Pflegepersonal andererseits ist in der südostchinesischen Metropole Nanjing ein neues Modell der Altersvorsorge entstanden: die Zeit-Banken. Dabei können ehrenamtliche Helfer ihre Hilfsstunden in die Zeit-Banken einzahlen und bekommen sie später wieder in Form von Stunden ausbezahlt, wenn sie selbst in hohem Alter Unterstützung benötigen.

Die 63-jährige Lü Xiuying trägt immer eine besondere Bankkarte bei sich, mit der ihre Hilfsstunden „eingezahlt" werden. Zu Mittag ist die ehrenamtliche Helferin immer besonders beschäftigt.

Im Seniorenzentrum Yaofangmen hilft sie beim Kochen und Servieren. Im Wohnviertel Wangzilou, wo Lü Xiuying wohnt, leben über 300 Senioren, die zwischen 60 und 85 Jahre alt sind. Die 76-jährige Chen Huiying erzählt: „Ich lebe allein. Es ist für mich sehr umständlich, täglich drei Mahlzeiten zu kochen. Im Seniorenzentrum bekomme ich für nur drei Yuan ein warmes Essen. Es gibt Entenfleisch, Blumenkohl, Aubergine, Eiersuppe und Jogurt."

Lü Xiuying gehört zu den ersten ehrenamtlichen Helfern der Stadt, die im August 2014 ihr Engagement begonnen haben. Bislang hat Lü Xiuying 835 Hilfsstunden auf ihr Zeit-Bank-Konto eingezahlt.

Mittlerweile leben in Nanjing 1,3 Millionen Senioren, das macht etwa 20 Prozent der gesamten Einwohner der Stadt aus. 195.000 davon sind unfähig oder teilweise unfähig, für sich selbst zu sorgen. Einer staatlichen Aufforderung zufolge sollen ab 2013 die Dienstleistungen in der Altenpflege für alle Senioren zugänglich gemacht werden. So hat sich die Zahl der zu versorgenden Personen beinahe verhundertfacht. Um die Riesenaufgabe zu bewältigen, entschloss man sich in Nanjing ehrenamtliche Helfer zu rekrutieren und das Modell der Zeit-Banken zu testen.

Derzeit engagieren sich in Nanjing über 5.000 ehrenamtliche Helfer, über die Hälfte davon sind Menschen in mittlerem und höherem Alter. Dadurch konnte der Mangel an Pflegepersonal massiv behoben werden.