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Fruchtiges aus Kunst und Musik am Puls der Hauptstadt
  2016-09-27 14:57:58  cri

Fruityspace heißt nicht etwa der neue Obststand an der Ecke, mit knackigen Produkten wartet der kleine Laden in der Meishuguandongstraße in Beijing trotzdem auf. Unweit der altehrwürdigen Verbotenen Stadt, im Dunstkreis des Nationalen Kunstmuseums, zig Geschäften für Leute, die gern mit Pinsel und Farbe spielen, und nur wenige Schritte entfernt vom 77 C&C Park – einer Kapselerscheinung des berühmten Kunstparks 798 mitten in der Altstadt mit einer interessanten Mischung aus Kreativhubs und Cowboyartikeln – führt eine dunkle Treppe in den Fruityspace.

Anfang 2016 haben die Besitzer des kleinen, hübsch angestaubten Plattenladens Fruityshop 水果店 in der Dongsi Toutiao ihr Wirkungsfeld erweitert und mit einem Bar/Venue-Ableger gegenüber der Sanliantaofen-Buchhandlung – bekannt für den einzigen 24-Stunden-Betrieb eines Buchhändlers in Beijing – einen neuen Ort der Kunst geschaffen, und was zu trinken (gutes Bier) und zu kaufen (Jutebeutel, Poster, Platten) gibt es auch.

 

 

An den teils roten Backstein-, teils weiß getünchten Wänden hängen im September 2016 Werke von Yang Fan, die früher mit Bands wie Hang On The Box oder Ourself Beside Me eher im musikalischen Raum unterwegs war, und heute neben Ausflügen in die Malerei, Theater, Filmkomposition und Soloauftritte macht. Ihre klaren, schwarz-weißen Tusche-Zeichnungen faszinieren durch minimalistische, ehrlichen Linien, die in ihrer mitunter düsteren Gesamtheit dem Betrachter fantastische Interpretationsflächen zeichnen. Die Ausstellung unter dem Titel Trip Jigsaw ist, wie Yang in einem Interview gegenüber Timeout Beijing verrät, keinem bestimmten Thema zuzuordnen, sondern vielmehr ein Sammelsurium aus alltäglichen Beobachtungen der Künstlerin.

Mit Trip Jigsaw, also Trip-Puzzle, gibt Yang dem Phänomen der verbauten Erinnerung einen Namen. Die Art des natürlichen Verfremdens von Erinnerungen durch fehlende Fragmente, die durch andere Personen oder gar Träume ergänzt werden, ist für Yang Fan eine interessante Form des Geschichtenerzählens.

An einem Sonntagabend sitzen einige junge Leute auf den Treppenstufen, rauchen vorm Eingang, stöbern in den Auslagen oder unterhalten sich im Hauptraum bei einem kalten Getränk. Im Hintergrund flimmert auf einer großen Leinwand das Porträt einer chinesischen Großmutter. Unaufgeregte Elektro-Beats runden die Geräuschkulisse ab. Die Atmosphäre ist gut.

Bevor die "Fruchtigen" in den Keller an der Meishuguandong zogen, versuchten schon Kaffeebrüher und Spießebrater vergeblich, die dunklen Räume mit Kundschaft und Leben zu füllen. Die Nische, die Fruityspace mit der Kombination aus Bar, Musik und Kunst füllt, lässt auf ein längeres Bestehen hoffen. Man kann es den Betreibern nur wünschen, denn während es an Kaffee und Spießen in diesem Bereich der Stadt wahrlich nicht mangelt, sind individuelle (Sub-)Kulturoasen wie Fruityspace eine willkommene Ergänzung.

Text und Fotos von Marie Müller-Diesing

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