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Die Kartoffeloffensive: China kämpft um nachhaltige Ernährung
  2015-09-21 15:21:54  CRI

 

"Vor Hunderten von Jahren begann man mit der Kultivierung der wilden Kartoffelpflanze als Nahrungsmittel. Inzwischen ist China international zum größten Anbauland der Kartoffel aufgestiegen. Jede vierte Kartoffel weltweit stammt aus China..."

Diese Sendung ist Teil des „Online-Museums" eines Kartoffelbetriebs aus der Provinz Shandong – und einer unter unzähligen Beiträgen über die tolle Knolle in den chinesischen Internetsphären. Die Allgegenwart der Kartoffel ist kein Zufall. Zu Beginn des Jahres leitete die chinesische Regierung eine Initiative zum verstärkten Verzehr der Kartoffel ein. Beijing konnte daraufhin die Ausrichtungsrechte des „World Potato Congress" für diesen Sommer im Kreis Yanqing für sich gewinnen. Stolz erläutert BTV-Reporterin Tu Yan vor Ort: „In diesem Jahr richtet China erstmals den Weltkartoffelkongress aus. die vorangegangen acht Runden fanden außerhalb Asiens statt. (...) Der aktuelle Regierungsplan zur Förderung der Kartoffel wird dadurch einen maßgeblichen Aufschwung erfahren..."

Auf dem Speiseplan chinesischer Familien hat sich seither allerdings wenig getan, stattdessen rollt eine neue Kartoffel-Diskussionswelle durch chinesische Blogging-Threads. Doch was sind die Hintergründe? Der Anbau von Reis und Weizen, den Sattmachern der Nation, erfordert Unmengen an Wasser, über die China nicht verfügt. Die Kartoffel gedeiht hingegen selbst unter kalten, trockenen und unfruchtbaren Bedingungen und kann auch während der Wintermonate angebaut werden. Hinzu kommt ein Ernährungsproblem. Prognosen zufolge wird die chinesische Bevölkerung bis zum Jahr 2020 auf 1,4 Milliarden anwachsen. Entsprechend müssten 50 Millionen Tonnen Nahrungsmittel zusätzlich produziert werden, was der gegenwärtige Anbau nicht stemmen kann. Hinzu kommen extreme Urbanisierungsraten, die Metropolen wachsen und fressen Ackerland.

Diese handfesten Ursachen ändern nichts an der Tatsache, dass die Kartoffel den Chinesen nicht so recht mundet. Auf dem Weibo-Blogg „Esst Kartoffeln" wendet Rujia Jingjing ein: „Das würde schon Sinn ergeben, wenn wir mehr Kartoffeln essen würden: Gute Nährstoffe, landesweit müsste niemand mehr hungern, Vorteile im Anbau. Aber um ehrlich zu sein: Ich kann noch so viele Kartoffeln essen und werde davon nicht satt. Hingegen esse ich eine Schale Reis, bin satt und habe neue Energie."

Die Kartoffel ist in China durchaus sehr bekannt, jedoch nur im Sinne einer Gemüsebeilage und nicht als Sattmacher. Viele Gerichte enthalten Kartoffeln, zu denen dann aber noch Reis oder Nudeln gereicht werden. Kartoffeln als Sattmacher sind in China traditionell ein Armutsgebot. In demselben Thread kommentiert Luka Lamian:

„Ich stamme aus einer armen Familie in Gansu und arbeite nun in Beijing. Gab es zu Hause mal weißen Reis, so war das ein Festtag. Für mich stehen Kartoffeln für meine bitterarme Vergangenheit voller Erniedrigungen und Schmerzen. Seit meiner Ankunft in Beijing habe ich Kartoffeln aus meinem Speisplan verbannt."

Zum Kampf gegen den Widerwillen der Bevölkerung lässt sich die chinesische Regierung einiges einfallen. So hat der Sender CCTV inzwischen etwa Kartoffel-Kochkurse mit Rezepten und Nährwertinformationen in sein Programm aufgenommen: „Aus Kartoffeln können Pfannkuchen, Nudeln und Speiseeis hervorragend hergestellt werden. Nahrungsmittelexperten zufolge bestechen Kartoffeln durch eine einzigartige Kombination aus Nährstoffen mit Mineralien und Vitaminen und einem zugleich äußerst niedrigen Brennwert."

Es folgen traditionelle Rezepte, in denen Kartoffeln als Komponente hinzugefügt werden, etwa Kartoffel süßsauer, Gongbao-Kartoffeln oder Peking-Ente in Kartoffelfladen. Auch eine „Kartoffelaufklärung" für Kinder wurde in das Programm aufgenommen: „Die Kartoffel ist in unserer Ernährung sehr wichtig, überall in unserem Alltag kommt sie vor. Sie hat viele Namen, etwa Pferdeglocke, Erdbohne westlicher Taro, westlicher Bergtaro, westlicher Yamswurz (....). Etwa die Pommes, die wir alle so gerne essen, sind aus der Kartoffel hergestellt, davon dürfen wir aber nicht zu viel essen. Auch müsst ihr euch merken: Wenn die Kartoffel schon zu keimen beginnt, dann darf man sie auch nicht mehr essen." „Oh, ich hätte nicht gedacht, dass die Kartoffel so viele verschiedene Namen hat!"

Früh übt sich, wer sich nachhaltig ernähren soll! Es zeigt sich, dass die Kartoffel tatsächlich besser akzeptiert wird, je weniger Form und Geschmack an das eigentliche Naturprodukt erinnern. Mit Regierungsunterstützung öffnen in großen Metropolen immer mehr Restaurants, deren „Kartoffelgerichte" sich stark auf die Verarbeitung der Kartoffelstärke stützen – von gefüllten Nudeln bis hin zu Pralinen.

Text: Miriam Nicholls

Foto: JS.Xinhuanet.com

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